Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Verbindungen der Vorstellungen. 
der Verbindung der Vorstellungen. Das Gedächtniss bietet die 
Vorstellungen lediglich nach Maßgabe der associativen Verbindungen, in 
welchen sie stehen, dem Bewusstsein dar. Die Aufeinanderfolge der 
Erinnerungsbilder, so lange diese als Erzeugnisse des bloßen Gedächtnisses 
betrachtet werden, entspricht daher ganz dem losen und unbestimmt be¬ 
grenzten Verlauf der Associationsreihen. In der Phantasiethätigkeit ist 
dagegen in allen Fällen, mag bei derselben auch noch so sehr die regu- 
lirende Wirksamkeit des Willens zurücktreten, eine Verbindung der Vor¬ 
stellungen nach einem bestimmten Plane nachzuweisen. Diese Verbindung 
trägt durchaus den Charakter der apperceptiven Verbindungen an 
sich. Jede Phantasiethätigkeit beginnt mit irgend einer GesaminUmstel¬ 
lung, welche zunächst nur in unbestimmten Umrissen vor dem Bewusst¬ 
sein steht; dann treten die einzelnen Theile successiv klarer hervor, und 
es entwickelt sich so das Phantasieerzeugniss, indem sich die ursprüng¬ 
liche Vorstellung in ihre Bestandtheile gliedert. Was diese Thätigkeit von 
dem logischen Gedankenprocess unterscheidet, ist einerseits die sinnliche 
Lebendigkeit und Anschaulichkeit der Vorstellungen, anderseits das Fehlen 
der begrifflichen Elemente und ihrer sprachlichen Symbole, an deren Stelle 
eben die sinnlichen Einzelvorstellungen an dem Vorgänge Theil nehmen. 
Die Phantasiethätigkeit ist ein Denken in Bildern. Sie ist in der all¬ 
gemeinen wie in der individuellen Entwicklung des Geistes zweifellos die 
ursprüngliche Form des Denkens , welche sich allmählich erst in Folge 
jener an die Bildung der Sprache geknüpften psychologischen Vorgänge, 
die wir früher theilweise berührt haben1), in die logische Gedankenform 
umwandelt. Gleichwohl bleibt neben dieser auch das anschauliche Wirken 
der Phantasie bestehen, und es bereitet in nicht seltenen Fällen die lo¬ 
gische Gedankenthätigkeit vor, indem es die allgemeineren Verknüpfungen 
der letzteren in concreterer Gestalt vorausnimmt. Darum kann man mit 
Becht sagen, dass auch an wissenschaftlichen Schöpfungen die Phantasie 
ihren Antheil habe. Die künstlerische Thätigkeit aber hat ihre hohe Be¬ 
deutung darin, dass bei ihr die intellectuellen Functionen durchaus in der 
Form der Phantasiethätigkeit sich vollziehen. 
Wir können eine doppelte Wirksamkeit der Phantasie unterscheiden, 
eine passive und eine active. Im wesentlichen entspricht diese Gegen¬ 
überstellung derjenigen der passiven und activen Apperception. Passiv 
ist unsere Phantasie, wenn wir uns dem Spiel der Vorstellungen über¬ 
lassen, die von irgend einer Gesammtvorstellung in uns angeregt werden; 
activ ist sie, wenn unser Wille zwischen den bei einer solchen Zerlegung 
sich darbietenden Vorstellungen auswählt und auf diese Weise planmäßig 
1) Vgl. S. 371 ff., 386. Siehe außerdem Gap. XXII.
	        
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