Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Apperceptive Verbindungen. 
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der That, so wenig es jemals gelingen wird, aus der Reizbarkeit der Nerven¬ 
fasern die physiologischen Functionen zu erklären, so fruchtlos ist das Unter¬ 
nehmen aus dem Drücken und Stoßen der Vorstellungen die innere Erfahrung 
abzuleiten. Die Nerven- und Muskelfasern und Drüsenzellen bedürfen des Zu¬ 
sammenhalts durch centrale Gebilde, von denen aus sie regiert werden. Die 
Vorstellungen aber stehen unter der Herrschaft der Apperception. 
Ein weiterer bemerkenswerther Versuch, die Reproduction und Association 
zum Ausgangspunkt einer zusammenhängenden psychologischen Theorie zu 
machen, rührt von Beneke her, einem Philosophen, den die unmittelbaren Re¬ 
sultate der Selbstbeobachtung in der ganzen Richtung seines Denkens bestimmt 
haben1). Alles Vorstellen setzt sich ihm aus der Aeußerung ursprünglicher 
Seelenkräfte, sogenannter UrvermÖgen, und aus der Einwirkung von Reizen 
zusammen. Das UrvermÖgen ist ein Streben, welches durch die Begegnung 
mit dem Reize zur wirklichen Vorstellung wird. Jede einzelne Vorstellung geht, 
wie sie einen neuen Reiz voraussetzt, so auch aus einem neuen UrvermÖgen 
hervor. Die Vorstellungen verschwinden nur scheinbar aus dem Bewusstsein. 
Sie dauern in ihrer Zusammensetzung aus Vermögen und Reiz fort. Aber 
einzelne Elemente des Reizes sind an das Vermögen weniger fest gebunden und 
werden darum leicht an andere, fremde Elemente abgegeben. So entstehen 
die unbewussten Vorstellungen oder Spuren. Jede Spur strebt nach ihrer 
Wiederausfüllung, also zum Wiederbewusstwerden. Auch von dem Abfließen 
der beweglichen Elemente des Reizes bleiben aber Spuren zurück: so entsteht 
ein Streben nach Reproduction gewisser Gruppen von Vorstellungen, die Asso¬ 
ciation. Jene abfließenden Reizelemente verbinden sich endlich immer mit 
verwandten Gebilden: die Association findet daher statt zwischen verwandten 
Vorstellungen. Zur Reproduction ist erforderlich, dass die Reizelemente, welche 
die Vorstellungen beim Unbewusstwerden verloren haben, ihnen wieder zu¬ 
fließen. Solches kann aber geschehen, indem entweder bewegliche Reizelemente 
ähnlicher Art übertragen werden, wie bei der Reproduction durch associirte 
Vorstellungen, oder indem neue UrvermÖgen gebildet werden, welche Non den 
immer in der Seele vorhandenen beweglichen Reizelementen an sich heranziehen: 
so bei der spontanen Reproduction. Gefühle entstehen endlich nach Beneke’s 
Annahme durch das Verhältnis der UrvermÖgen zur Stärke der sie ausfüllenden 
Reize, sowie durch die Art des Abflusses der Reizelemente vom einen Gebilde 
auf das andere. 
Beneke’s Theorie geht von der Erfahrung aus, dass bei der ersten Bil¬ 
dung unserer Vorstellungen äußere Reize und gewisse denselben gegenüber- 
stehende subjective Eigenschaften, sogenannte » UrvermÖgen «, wirksam sind. 
Dieser Gedanke wird nun festgehalten. Der Vorstellung bleibt ihre Zusammen¬ 
setzung aus Reiz und subjectiver Reizempfänglichkeit. So wird dieselbe ganz 
willkürlich in zwei Bestandtheile geschieden, die lediglich der ersten Gelegen¬ 
heitsursache ihrer Entstehung entnommen sind, und von denen an ihr selbst 
gar nichts zu bemerken ist. Wenn Beneke die innere Erfahrung als die allein 
zuverlässige preist, nach welcher vielmehr die äußere Erfahrung beurtheilt 
werden müsse, statt umgekehrt, so fehlt er hier selbst gegen diese Regel, denn 
der Begriff des Reizes ist ja lediglich der äußern Erfahrung entnommen. Die 
\ ) Beneke, Psychologische Skizzen, II, Göttingen t827. Lehrbuch der Psychologie, 
Cap. 1.
	        
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