Apperceptive Verbindungen.
387
An die verbindende schließt unmittelbar die zerlegende Wirksamkeit
der Apperception sich an. Sie besteht darin, dass die aus dem Asso-
ciationsvorrath durch active Apperception gebildeten Vorstellungen wieder
in Theile gegliedert werden, wobei übrigens diese Theile keineswegs mit
jenen identisch zu sein brauchen, aus welchen sich ursprünglich die Vor¬
stellungen zusammensetzten. Zuweilen sind die der Zerlegung unter¬
worfenen Vorstellungen Begriffe: es wird dann schon vor geschehender
Zerlegung die Gesammtvorstellung deutlich appercipirt, und wir sind uns
demgemäß in solchen Fällen des Uebergangs von der Vorstellung auf ihre
Theile deutlich bewusst; die Logik bezeichnet darum auch die so ent¬
stehenden Denkacte als analytische Urtheile. Meistens besteht jedoch
die Zerlegung nicht in einer Begriffsgliederung, sondern es steht die ur¬
sprüngliche Gesammtvorstellung zuerst nur als ein undeutlicher Complex
einzelner Vorstellungen, deren Zusammengehörigkeit aber sofort apperci¬
pirt wird, vor unserm Bewusstsein; die einzelnen Theile dieses Complexes
und die Art ihrer Verbindung treten nun erst bestimmter während der
zerlegenden Thätigkeit der Apperception hervor. Es kann so der Schein
entstehen, als wenn das Denken erst die Theile zusammensuchte, die es
in der successiven Gliederung der Gesammtvorstellung an einander fügt;
aus diesem Grunde hat die Logik derartige Denkacte als synthetische
Urtheile bezeichnet. Nichtsdestoweniger ergibt es sich auch hier schon
aus der unten zu erörternden Structur der apperceptiven Verbindungen,
dass das Ganze, wenngleich in undeutlicher Form, früher appercipirt
werden musste als seine Theile. Nur so erklärt sich überdies die
bekannte Thatsache, dass wir ein verwickeltes Satzgefüge leicht ohne
Störung zu Ende führen können. Dies wäre unmöglich, wenn nicht bei
Beginn desselben schon das Ganze vorgestellt würde. Der Vollzug der
Urtheilsfunction besteht im Grunde genommen nur darin, dass wir die
dunkeln Umrisse des Gesammtbildes successiv deutlicher machen, so dass
dann am Ende des zusammengesetzten Denkactes auch das Ganze klarer
vor unserm Bewusstein steht. Es kommt hier jene früher (S. 237) be¬
rührte Eigenschaft der Apperception zur Geltung, dass sie bald ein größeres
Gebiet umfassen, bald sich enger concentriren kann, und dass hiernach
auch die Klarheit der appercipirten Vorstellungen wechselt.
Jene Eigenschaft der Apperception endlich, wonach sie in einem ge¬
gebenen Zeitmoment nur eine einzige Handlung zu vollführen pflegt, findet
ihren Ausdruck in dem Gesetz der Zweitheilung, nach welchem
stets die apperceptive Gliederung der Vorstellungen geschieht. In den
Kategorien der grammatischen Syntax, Subject und Prädicat, Nomen und
Attribut, Verbum und Object u. s. w., hat dieses Gesetz deutlich sich
ausgeprägt, und scheinbare Ausnahmen von demselben kommen nur in-