Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Zusammengesetzte Reactionsvorgänge. 
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halten sein; wegen des wandelbaren Verhältnisses, in welchem dies statt¬ 
finden kann, werden aber gerade solche mittlere Reactionen hier, wie 
schon bei der einfachen Reaction, am allerwenigsten zu irgend welchen 
Schlüssen verwerthbar sein. Ueber die physiologischen Verhältnisse der 
Leitung und Uebertragung geben sie keine Auskunft, weil noch ein unbe¬ 
stimmter Theil der psycho-physischen Vorgänge hinzukommt; auch auf 
die letzteren lassen sie aber keine Folgerungen zu, weil sich niemals er¬ 
mitteln lässt, welche der in einem Vorgang vereinigten elementaren Acte 
verkürzt oder ganz eliminirt wurden, und weil im allgemeinen voraus¬ 
zusetzen ist, dass diese Acte überhaupt erst unvollständig abgelaufen sind, 
wenn die äußere Reaction erfolgt. Hierfür spricht namentlich der Um¬ 
stand, dass, sobald einmal die Tendenz zu automatischen Coordinationen 
eingetreten ist, die zusammengesetzten Reactionszeiten sich so lange durch 
die so genannte Uebung zu verkürzen scheinen, bis die dem vollständigen 
Automatismus entsprechende Minimalzeit erreicht ist. 
In den bisherigen Untersuchungen sind die Zeiträume der wirklichen 
psychischen Vorgänge und die Zeitverhältnisse dieser automatischen Coor¬ 
dinationen nicht aus einander gehalten. Von einzelnen ßeobachtern wurden 
Reactionen, die durchgängig automatisch geworden waren, als Unterschei- 
dungs- und Wahlacte aufgefasst; von andern wurden automatische Reac¬ 
tionen mit solchen, bei denen jene psycho-physischen Acte noch mitwirk¬ 
ten, zusammengeworfen. So erhielten z. ß. Donders und de Jaager in 
verschiedenen Fällen folgende Zeitdifferenzen zwischen zusammengesetzter 
und einfacher Reaction, die sie demnach als Zeitwerthe der Unterschei¬ 
dung und Wahl betrachteten*) : 
Art des Eindrucks 
Gewählte Bewegung Unterscheidungs- und Wahlzeit 
u 
Tastreiz, rechter und 
linker Fuß . . . . 
Rechte und linke Hand 
66 0 
Lichtreiz, rotbes und 
weißes Licht . . . 
- 
154 
3) 
Schallreiz , 2 Vocal- 
klänge...... 
Wiederholung desselben Klangs 
56 
4) 
Schallreiz, 5 Vocal- 
klänge...... 
- 
88 
Die Einflüsse, welche die Verzögerung der Lichterregung bedingen, 
sind bei der hier in Abzug gekommenen einfachen Reaction schon in 
Rechnung gebracht; es ist daher kaum denkbar, dass der eigentliche 
Unterscheidungsact zwischen zwei Farben doppelt so viel Zeit wie die 
Unterscheidung zwischen zwei Hautstellen beansprucht. Wenn wir aber 
1 ) de Jaager, De physiologische Tijd bij psychische Processen. Utrecht iS65. 
Wundt, Grundzüge. II. 3. Aufl. 21
	        
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