Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Zusammengesetzte Reactionsvorgänge. 
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Wesentlich andere Zeitverhältnisse bieten sich bei der gezwun¬ 
genen Association dar. Sie scheidet sich aber wieder in die zwei 
auch in Bezug auf ihre Dauer einander diametral entgegengesetzten Fälle 
der eindeutig und der mehrdeutig bestimmten Associationen. Bei 
den ersteren liegen die Verhältnisse für den raschen Vollzug der Repro¬ 
duction am günstigsten. Es handelt sich hier stets um Fälle, wo auch 
bei freier Association die reproducirte Vorstellung die nächstliegende 
gewesen wäre, und wo durch die gewohnheitsmäßige Einübung die be¬ 
treffende Association zu einer vollkommen stabilen geworden ist. In 
der That findet man daher viel kleinere Zeitwerthe als bei den freien 
Associationen. So fand Cattell, dass man 250—400^ braucht, um ein Wort 
aus einer Sprache in eine andere etwas minder geläufige zu übersetzen,. 
350—400er, um zu einer bekannten Stadt das zugehörige Land, oder zu 
einem Monat die Jahreszeit, in die er fällt, oder den auf ihn folgenden 
Monat zu finden, während in Folge der ungewohnten Richtung der Associa¬ 
tion die Auffindung des unmittelbar vorangehenden Monats ungefähr die 
doppelte Zeit braucht. Aehnlich kurze Zeiten beanspruchen einfache 
gewohnheitsmäßig eingeübte arithmetische Operationen, eine einfache Ad¬ 
dition 220—320, eine Multiplication 350—450e7, u. s. w.1). Zieht man 
hier wieder für die Apperception eine Zeit von 100—130 ab, so bleiben 
Zeitwerthe von 150—350a als eigentliche Reproductionszeiten übrig. Die 
Dauer der Hebung einer Vorstellung bleibt also unter diesen günstigsten 
Verhältnissen nicht erheblich hinter der Erkennungszeit zurück. 
Die mehrdeutig bestimmten Associationen lassen sich wieder 
nach der Menge der associirbaren Vorstellungen in zwei Gruppen trennen. 
Bei der ersteren, bei welcher nur zwischen wenigen Vorstellungen eine 
Auswahl stattfinden kann, überschreiten die gefundenen Zeiten begreiflicher 
Weise nicht viel die Dauer der eindeutigen Associationen; der Vorgang 
kann hier, wenn noch dazu eine der associirbaren Vorstellungen vor der 
anderen begünstigt ist, vollständig in eine eindeutige Association über¬ 
gehen. Bei der zweiten Gruppe dagegen, bei der die Zahl der möglichen 
Associationen eine sehr große ist, kann die gefundene Zeit auf das dop¬ 
pelte dieser Größe ansteigen. Dies erhellt aus den folgenden von Cattell 
bei sich selbst (C.) und Berger (B.) gefundenen Zahlen. Die Größe der 
mittleren Variationen ist in kleineren Ziffern, die Versuchszahl in Klammern 
beigefügt. 
1) Cattell, Philos. Stud., IV, S. 242 ff.
	        
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