Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Zusammengesetzte Reactionsvorgänge. 
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dürfen also voraussetzen, dass wir durch die angedeutete Methode über 
die Größe der Reproductionszeit und über deren Schwankungen in allge¬ 
meingültiger Weise Aufschluss gewinnen können. 
Der ganze Vorgang der Association und Reproduction schließt aber 
offenbar wieder zw7ei Vorgänge ein: erstens die Hebung des Erinne¬ 
rungsbildes in das Bewusstsein, und zweitens die Apperception der 
gehobenen Vorstellung. Beide Processe lassen sich nicht von einander 
trennen; doch ist von vornherein anzunehmen, dass beiden unter ver¬ 
schiedenen Bedingungen eine verschiedene Dauer zukommen wTird. Nennen 
wir freie Associationen solche, bei denen eine beliebige Vorstellung 
zu dem gegebenen Sinneseindruck reproducirt werden darf, und bei denen 
man ohne Wahl und bei möglichst passivem Bewusstsein auf die zuerst 
aufsteigende Vorstellung reagirt, so w7ird hier der wesentlichste Theil des 
Vorganges jedenfalls der Hebung des Erinnerungsbildes angehören, weh¬ 
rend sich die Apperception wohl nicht erheblich abweichend von anderen 
Erkennungsacten verhält. Bezeichnen wir dagegen als gezwungene 
Associationen solche, bei denen nicht jedes beliebige Erinnerungsbild, 
sondern ein solches, das mit dem gegebenen Eindruck in einer zuvor be¬ 
stimmten Beziehung steht, erneuert werden soll, so sind hier wieder zw7ei 
wesentlich verschiedene Fälle, nämlich die eindeutig bestimmte und 
die mehrdeutig bestimmte Association, zu unterscheiden. Bei der 
ersteren kann nur eine Vorstellungsbeziehung in Frage kommen: so z. B. 
bei der Association einer Farbenbezeichnung zu dem Farbeneindruck, des 
Wortbildes zum Schriftbild, des Wortes einer gegebenen zu dem einer 
anderen Sprache u. dergl. Bei solchen eindeutigen Associationen wird 
sich der Vorgang nicht wesentlich anders als bei der freien verhalten, 
denn es w7ird die associirte Vorstellung zumeist diejenige sein, die sich 
auch bei der letzteren zunächst darbietet. Anders ist dies bei der mehr¬ 
deutig bestimmten Association, welche dann vorlieçt, wenn inner- 
halb der gestellten Bedingung mehrere Vorstellungsbeziehungen möglich 
sind, wenn z. B. zu einer Vorstellung eine ihr coordinirte oder zu einem 
Gegenstand irgend ein Theil desselben, zu dem Verbum ein angemessenes 
Subject u. s. w. reproducirt werden soll. Hier wird muthmaßlich schon 
der Vorgang der H ebung der Vorstellung modificirt, indem er sich auf ein 
engeres Gebiet einschränkt, und er ist daher dem gleichen Process bei der 
freien Association nicht ohne weiteres gleichzusetzen. Namentlich aber 
wird der Vorgang der Apperception verändert: da im allgemeinen 
mehrere Vorstellungen und darunter auch solche, die der festgestellten 
Bedingung nicht entsprechen, gehoben werden können, so wird sich hier 
zu dem sonst allein vorhandenen Erkennungsact auch noch ein innerer 
Wahl act hinzugesellen können, und je nachdem dieser mehr oder minder
	        
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