Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Zusammengesetzte Reactionsvorgänge. 
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Vergleicht man diese Zeiten mit den oben für die Wahlreaction der 
Hand auf zwei Farben und Wörter erhaltenen, so ist ersichtlich, dass 
die Benennung einer beliebigen Farbe mehr Zeit erfordert als die Wahl¬ 
reaction auf eine bestimmte unter zwei erwarteten, dass aber bei Wörtern 
kein merklicher Unterschied zwischen beiden Fällen gefunden wird, eine 
Thatsache, die sichtlich mit der innigen natürlichen Zuordnung von Sprach- 
bewegungen und Wortbildern zusammenhängt. Cattell schätzt die nach 
Abzug der einfachen Reaction und der Unterscheidung zurückbleibende 
reine Benennungszeit für Farben auf 280—400, für Bilder auf 250—280, 
für Buchstaben auf 140—170, aber für kürzere Wörter nur auf 100—110er, 
Sind auch die absoluten Werthe dieser Zahlen wahrscheinlich sämmtlich 
etwas zu groß, weil sich Cattell der verkürzten Beactionsweise bediente 
und daher für einfache Reaction und Unterscheidung zu geringe Werthe 
ansetzte, so können doch ihre relativen Größen als richtig angesehen 
werden, und wir würden demnach dann noch einmal so viel Zeit als für 
einen Buchstaben und beinahe dreimal so viel Zeit als für ein Wortbild 
gebrauchen, um für eine Farbe oder für ein geläufiges Gesichtsobject die 
zugehörige Wortarticulation zu finden. 
Wenn in der obigen Darstellung zur Ermittelung der zeitlichen Verhält¬ 
nisse apperceptiver Wahlacte zum Theil die Versuche solcher Beobachter heran¬ 
gezogen wurden, welche bei der einfachen und bei der Unterscheidungsreaction 
die verkürzte Reactionsweise befolgten, so stützt sich diese Verwendung auf 
die unverkennbare Thatsache, dass auch in solchen Fällen bei dem Uebergang 
zu Wahlreactionen die vollständige Reactionsform Platz greift. Das Hauptkriterium 
für diesen Uebergang liegt darin, dass, während die einfachen Reactionen in der 
früher angegebenen Weise nach der angewandten Reactionsmethode in zwei 
Gruppen sich sondern, die Wahlreactionen bei allen Beobachtern durchschnitt¬ 
lich gleiche Werthe aufweisen. So fand Tischer bei seinen neun \ersuchs- 
personen folgende Mittel : 
bei 
wt. 
B. 
C.Wf. 
RI. 
D.Wf. 
Ml. 
H. 
Tt. 
Tr. 
U = 
m 
137 
127,5 
90 
31 
49 
34 
10 
20,6 
Rutvl = 
303 
351,5 
321 
317 
294 
301 
295 
298 
314 
R = 
137 
143,5 
107 
117 
107 
135 
107 
118 
115 
w = 
52 
71 
86,5 
110,3 
134,5 
128 
154 
170 
178,8 
Aus diesen Zahlen ersieht man, dass die Wahlreactionen annähernd constant 
sind, während bei den einfachen Reactionen erhebliche Unterschiede statt¬ 
finden , was bei den sonst einfacheren Verhältnissen der letzteren unmöglich 
wäre, wenn hier nicht noch weitere modificirende Bedingungen hinzukämen. 
Ebenso ist es von vornherein unmöglich, dass die Unterscheidungsacte da, wo 
die einfache Reaction eine längere Zeit beansprucht, ebenfalls länger dauern, 
und dass dagegen die Wahlacte sich umgekehrt verhalten, so dass jedesmal 
lange Unterscheidungs- mit kurzer Wahlzeit und kurze Unterscheidungs- mit 
langer Wahlzeit verbunden wäre. Hieraus erhellt ohne weiteres, dass die
	        
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