Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Zusammengesetzte Reactionsvorgänge. 
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scheidungszeit zwischen zwei Eindrücken 0,055 nicht übersteigt, während 
die mehrfache mindestens 0,15 erreicht1). 
Zu entsprechenden Ergebnissen führen die Schlüsse, welche Cattell 
aus seinen Wahlversuchen zieht. Bei denselben wurde immer nur eine 
Reactionsbewegung auf einen der zu unterscheidenden Eindrücke ausge¬ 
führt, während bei den übrigen nicht reagirt wurde. Es fand also dabei 
außer der Unterscheidung noch eine Wahl zwischen Bewegung und Buhe 
statt. Indem er nun jenen einfachen Wahlvorgang auf durchschnittlich 
50<J schätzte, ergaben sich folgende abgerundete Mittelwerthe: 
fiir die Erkennungszeit von Licht 50 
- - einer unter mehreren Farben 100 
- - eines Bildes 10 0 
- - eines Buchstabens 120 
- - eines kurzen Wortes 130 
Sind auch die absoluten Werthe dieser Zahlen zweifelhaft, da es ungewiss 
ist, ob die hinzukommende Wahlzeit wirklich in allen Fällen constant 
bleibt, so dürften dieselben doch ein richtiges Bild von dem relativen 
Wachsthum der Unterscheidungszeiten mit der Zusammensetzung der 
Eindrücke geben2). Zugleich erhellt aus der Vergleichung der letzten 
Zahlen, dass die Erkennung eines geläufigen Gesichtsobjectes etwas schneller 
erfolgt als die eines Buchstabens in gewöhnlicher deutlicher Druckschrift, 
dass aber die Erkennung eines kurzen Wortes annähernd ebenso schnell 
erfolgt wie die eines Buchstabens, ein Zeugniss dafür, dass bei diesen 
Erkennungszeiten die Assimilation des Eindrucks durch in uns bereit 
liegende Vorstellungen eine wichtige Rolle spielt3). 
Ueber die Zunahme der Erkennungszeiten bei regelmäßiger Zunahme 
der Zusammensetzung der Eindrücke geben endlich noch Versuche von 
M. Friedrich einigen Aufschluss, in denen i- bis Gstellige Zahlen als 
Erkennungsobjecte verwendet wurden. Die Gesammtmittel von drei Be¬ 
obachtern aus zwei auf einander folgenden Monaten sind in der nach¬ 
stehenden Uebersicht mitgetheilt. Die Zahlen sind die Differenzen der 
Mittel aus den unmitttelbar gemessenen zusammengesetzten Reactionszeiten 
und aus den einfachen Reactionszeiten der nämlichen Beobachter. Letz¬ 
tere waren für 
M. F. 143, E. T. 220, TU. TU. 196. 
1) M. Friedrich, Philos. Stud., I, S. 49 ff. 
2) Cattell, Philos. Stud., Ill, S. 485. 
3) Ueber weitere hierher gehörende Thatsachen vergl. Cattell, Philos. Stud., II, 
S. 635 ff. 
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