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Apperception und Verlauf der Vorstellungen.
Reactionsdauer unmittelbar vergleichbar: die Zeitdifferenz beider Reac-
tionen wird annähernd dem Unterschied einer einfachen und einer durch
complicirende Bedingungen erschwerten automatischen Coordination ent¬
sprechen. Aber es ist vorauszusetzen, dass diese Unterschiede von sehr
geringem Betrage sind. Auf diese Weise erklärt es sich, dass die so
genannten Wahlzeiten, welche verschiedene Beobachter gefunden haben,
in zwei Gruppen zerfallen: in eine, bei welcher diese Zeiten Zehntheile
einer Secunde betragen, und in eine andere, bei der sie sich innerhalb
der Tausendtheile bewegen. Bei den ersteren handelt es sich um wirkliche
Unterscheidungen und Wahlen, bei den letzteren um automatische Coor-
dinationen. Da diese gleichfalls von psycho-physischem Interesse sind,
obgleich die in Rede stehenden Zeitwerthe an sich streng genommen nur
eine physiologische Bedeutung besitzen, so soll eine Betrachtung derselben
der Besprechung der eigentlichen psycho-physischen Zeiträume hier ange¬
schlossen werden.
Bei der Untersuchung der Associationsreactionen können je
nach der eingeschlagenen Methode verschiedene Bedingungen stattfinden.
Wird das Verfahren ebenso wie nach der Unterscheidungsmethode ein¬
gerichtet, indem man feststellt, dass z. B. bei Worteindrücken in einem
Theil der Versuche auf die Erkennung des Wortes, in einem andern Theil
auf die zu demselben eintretende Association reagirt werde, so verhalten
sich die Associations- analog den Wahlreactionen. Vorzeitige Reactionen
werden hier vermieden, weil, wenn sie eintreten, überhaupt noch keine
Association stattgefunden hat, und daher solche falsche Versuche leicht
erkannt werden. In der That findet man, dass bei dieser Versuchsweise
Beobachter, welche sich der muskulären Reactionsform bedienen, ganz
wie bei den Wahl versuchen, sobald sie Associationen ausführen, zur sen¬
soriellen Reaction übergehen. Es lassen sich aber auch die Associations¬
reactionen als Reactionen vierter Ordnung ausführen, wenn man die
Sprachbewegungen selbst als Reactionsbewegungen benützt. Lässt man
nämlich in einer Reihe von Versuchen ein zugerufenes oder gelesenes
Wort, sobald es unterschieden ist, aussprechen, so schließt dieser Act
eine Unterscheidungs- und eine Wahlhandlung ein. Lässt man dann in
endern Versuchen das associirte Wort aussprechen, so kommt zu diesen
Zeiten noch die Associationszeit hinzu. In diesem Fall kann selbstver¬
ständlich die Reaction in beiden Versuchsreihen nur eine sensorielle sein.
Man wird also hier die gefundenen Differenzen am sichersten als wahre
Associationszeiten ansehen dürfen, die freilich unter den durch den Ver¬
such gesetzten speciellen Bedingungen gefunden und daher mit den nach
der ersten Methode ermittelten nicht ohne weiteres vergleichbar sind.
Nach diesen unerlässlichen methodologischen Vorbemerkunsen sollen