Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Apperception und Verlauf der Vorstellungen. 
Auch vorzeitige Reactionen sind nur bei dem verkürzten Reactionsver- 
fahren möglich. Wo sie Vorkommen, wie dies in älteren Versuchen nicht 
selten der Fall war1), da kann man daher ziemlich sicher sein, dass sich 
die Reobachter vorzugsweise der muskulären Reaction bedienten. "Durch 
Einübung lassen sich solche Reactionen vollständig vermeiden, und selbst¬ 
verständlich können die wahren Werthe auch der verkürzten Reaction 
erst erhalten werden, wenn das Vorkommen vorzeitiger Reactionen voll¬ 
ständig ausgeschlossen ist. 
Im Gegensätze zu dem erleichternden Einfluss, welchen die durch ein 
vorausgehendes Signal her vor gebrachte Anspannung der Aufmerksamkeit 
ausübt, stehen die Verzögerungen des Reactions Vorganges, welche in Folge 
irgend welcher Ablenkungen der Aufmerksamkeit eintreten. Solche 
Ablenkungen können natürlich unabsichtlich stattfinden, und wenn bei 
der Ausführung der Versuche auf sie keine zureichende Rücksicht ge¬ 
nommen wird, so sind sie es wohl hauptsächlich, welche die größeren 
Schwankungen verursachen. Führt man aber die Ablenkungen willkürlich 
herbei, um ihre Wirkung festzustellen, so ergibt sich das bemerkenswerthe 
Resultat, dass alle äußeren Einflüsse, welche die Aufmerksamkeit ablenken, 
nur die sensorielle Reaction beeinträchtigen, dass sie aber auf die mus¬ 
kuläre keinen nachweisbaren Einfluss zu haben scheinen. Versuche zur 
Vergleichung beider Reactionsformen von einem und demselben Beobachter 
liegen über diesen Gegenstand zwar noch nicht vor; doch ergibt sich 
jenes Resultat bei der Vergleichung meiner eigenen Versuche, in denen 
ich vorzugsweise sensoriell reagirte, mit denen Cattells, der sich zumeist 
der muskulären Reactionsweise bediente. 
Die einfachste Form der Verzögerung lässt sich hervorbringen, wenn 
man die Spannung der Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Intensität oder 
Qualität des Eindrucks unmöglich macht, indem man fortwährend in un¬ 
bestimmter Weise zwischen der Reaction auf verschiedene Eindrücke 
wechseln lässt. Führte ich z. B. Schallversuche in solcher Weise aus, dass 
starke und schwache Reize unregelmäßig sich folgten, so dass der Reagent 
niemals eine bestimmte Schallstärke sicher erwarten konnte, so wurde 
die Reactionszeit vergrößert, während gleichzeitig die mittlere Variation 
zunahm. Ich stelle beispielsweise zwei in wenig verschiedener Zeit aus¬ 
geführte Versuchsreihen mit regelmäßigem und mit unregelmäßigem Wechsel 
der Eindrücke zusammen. 
1) Vgl. v. Kries und Auerbach, Archiv f. Physiologie, 1877, S. 306.
	        
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