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Apperception und Verlauf der Vorstellungen.
impulses zu erkennen gibt, gleichzeitig eine centrale motorische Reizung.
Auch die Willenszeit ist daher ein psycho-physischer Zeitraum.
Natürlich würde es zunächst von Interesse sein, die drei genannten
psycho-physischen Zeiträume, Perceptions-, Apperceptions- und Willenszeit,
von den rein physiologischen Vorgängen der peripherischen und centralen
Nervenleitung zu isoliren, um sie sodann soweit als möglich auch noch
von einander zu trennen. Es lassen sich zwei Wege denken, auf denen
dies versucht werden könnte: man könnte 1) einzelne der angegebenen
Zeiträume für sich bestimmen und sie dann von der ganzen Reactions-
dauer in Abzug bringen, oder 2) verändernde Bedingungen einführen,
welche nur auf gewisse Theile des ganzen Vorgangs, z. B. bloß auf die
Apperception, von Einfluss sind, um daraus auf die zeitlichen Verhältnisse
dieses Theilphänomens zu schließen. Beide Wege führen aber nicht zum
Ziele. Der erste könnte nur eingeschlagen werden, um die rein physio¬
logischen Zeiträume der peripherischen und centralen Nervenleitung zu
eliminiren. Doch begegnet man schon hier der Schwierigkeit, dass wir
zwar die Geschwindigkeit der motorischen Leitung und der Reilexüber¬
tragung genau zu bestimmen vermögen, dass dagegen bei den Versuchen
die Fortpflanzung der Erregungen in den sensibeln Leitungsbahnen zu
ermitteln immer wieder psvcho-physische Zeiträume in Betracht kommen,
deren Elimination nicht mit Sicherheit gelingt. Zudem ist es gerade die
Sonderung der drei psycho-physischen Vorgänge von einander, die das
weitaus überwiegende Interesse beansprucht. Wichtiger sind darum die
auf dem zweiten Wege, durch Variation der psycho-physischen Theile des
Reactionsvorganges, erhaltenen Resultate; doch handelt es sich bei den¬
selben in der Regel nicht mehr um einfache Apperceptionen, sondern um
zusammengesetztere Vorgänge. So besteht denn überhaupt der psycholo¬
gische Werth der Bestimmung der einfachen Reactionszeiten darin, dass
sie sich bei der Untersuchung solcher Reactionen, die unter verwickelteren
Bedingungen stattfinden, zur Elimination der rein physiologischen Vorgänge
verwenden lassen.
Aber auch zur Lösung dieser Aufgabe kann die Reactionszeit nur unter
einer Bedingung dienen, deren Erfüllung große Schwierigkeiten darbietet,
unter der Bedingung nämlich, dass die physiologischen und die elemen¬
taren psychologischen Processe, welche die einfache Reactionszeit zusam¬
mensetzen, auch wieder in unveränderter Größe in jene complicirteren
Reactionszeiten eingehen, bei denen man irgend welche weiteren psy¬
chischen Acte den im einfachen Vorgang schon enthaltenen hinzufügt.
Diese Bedingung ist nun vor allem deshalb schwer zu erfüllen, weil die
einfache Reaction in Wirklichkeit weder ein einfacher noch ein unverän¬
derlicher noch endlich ein in allen Fällen vollkommen gleichartiger Process