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Das Bewusstsein.
Willensact angesehen werden, der bei den äußeren Willenshandlungen
stets vorausgesetzt wird. Bedingung für die Ausführung einer Willens¬
bewegung ist die Apperception der Vorstellung dieser Bewegung. Bei
complicirteren und nicht zuvor eingeübten Bewegungen geht die innere
der äußeren Willenshandlung meist auch der Zeit nach deutlich merkbar
voraus. In Folge der Einübung kann aber diese Zwischenzeit völlig zum
Verschwinden gebracht werden, so dass sich der Wille gleichzeitig der
Vorstellung der Bewegung und dieser selbst zuwendet1).
Wenn hiernach der Unterschied zwischen willkürlicher und unwill¬
kürlicher Aufmerksamkeit nicht darin besteht, dass bei der letzteren keine
innere Willensthätigkeit vorhanden ist, so begründet dagegen der Umstand,
ob der Wille durch die in das Bewusstsein eintretenden Vorstellungen
eindeutig bestimmt wird oder nicht, einen beachtenswerthen Unterschied
in der Erscheinungsweise der Apperceptionsprocesse ; und dieser letztere
Unterschied ist es allein, der in der Gegenüberstellung unwillkürlicher
und willkürlicher Aufmerksamkeit einen leicht misszuverstehenden Aus¬
druck gefunden hat. Im ersten jener Fälle wird die Richtung der Apper¬
ception unmittelbar durch die ihr gebotenen Vorstellungen selbst bestimmt:
unter diesen ist in der Regel eine so sehr durch ihre Intensität oder
durch den ihr zukommenden Gefühlston bevorzugt, dass die Apperception
einer andern Vorstellung gar nicht in Frage kommen kann. Im zweiten Fall
dagegen findet ein Wettstreit zwischen mehreren Vorstellungen statt, und
wir empfinden nun die Apperception einzelner unter denselben als eine
Handlung, welche in letzter Instanz nicht durch die Vorstellungen sondern
durch die Thätigkeit der Apperception selbst bestimmt wird. So kommt
es, dass wir uns hier überhaupt derselben erst deutlich als einer inneren
Thätigkeit bewusst werden, während wir uns im entgegengesetzten Fall
passiv durch die äußeren Eindrücke oder durch unsere Reproduction ge¬
lenkt glauben. Wir wollen darum beide Fälle als passive und active
Apperception oder auch als passive und active Au fmerksamkeit
unterscheiden. Doch dürfen diese Ausdrücke nicht dazu verleiten, etwa
Vorgänge verschiedener Art anzunehmen. Rei beiden handelt es sich um
eine innere Willensthätigkeit, und bei beiden wirken die Vorstellungen
als innere Reize, durch welche diese Thätigkeit erweckt wird; auch ist
es stets die Association, welche die Vorstellungen für die Apperception
disponibel macht. Nur das Maß der inneren Thätigkeit ist ein verschie¬
denes, was aber wieder mit den verschiedenen Bedingungen der Asso¬
ciation zusammenhängt. Nichtsdestoweniger würde die Annahme, der
Apperceptionsprocess selbst sei ein Resultat der Associationen, aller in-
\) Vgl. hierzu die Lehre vom Willen, Abschn. Y, Cap. XX.