Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Aesthetische Elementargefühle. 
beziehen, sind im allgemeinen andere Theilungen wohlgefälliger als die 
Symmetrie. Alle Proportionen der Formen bewegen sich hier zwischen 
zwei Extremen, zwischen der vollständigen Symmetrie 1 : l und dem 
Verhältnis \ : —, wo x eine so große Zahl bedeutet, dass — sehr klein 
im Verhältniss zu \ wird. Eine Proportion, welche die Symmetrie in 
eben merklicher Weise überschreitet, ist weniger wohlgefällig als eine 
solche, die von dem Verhältniss 1 : \ etwas weiter abliegt, denn jene 
erscheint nur als eine ungenaue Symmetrie und fordert als solche zu 
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ihrer Verbesserung auf. Anderseits wird die Proportion \ : — , bei wel- 
eher die kleinere Dimension an der größeren nicht mehr anschaulich ge¬ 
messen werden kann, entschieden ungefällig. Zwischen beiden Grenzen 
müssen also die gefallenden Verhältnisse liegen. Eines derselben ist die 
Theilung nach dem goldenen Schnitt, bei welcher das Ganze zum 
größeren Theil sich verhält wie dieser zum kleineren [x + \ : x = x : I . 
Diese Proportion, die nach Zeising l) das ganze Gebiet der Kunstformen 
beherrschen und sogar der Symmetrie überlegen sein soll, wird in der 
That, wie Fechner’s experimentelle Ermittelungen zeigen, bei der Unter¬ 
suchung des Verhältnisses der verschiedenen Dimensionen einer Form, 
also z. B. der Höhe und Breite eines Quadrates, bestätigt gefunden. Für 
die verticale Gliederung der Formen dagegen gehört der goldene Schnitt 
zu den minder wohlgefälligen Verhältnissen; bei der einfachen Theilung 
einer Linie erscheint hier das Verhältniss \ : 2 als das günstigste, während 
bei zusammengesetzteren Theilungen wohl auch noch andere einfache Ver¬ 
hältnisse gefallen können2). Die Symmetrie führt bei der verticalen Glie¬ 
derung und dem Verhältniss der Höhe zur Breite wahrscheinlich besonders 
deshalb zu missfälligen Gestaltungen, weil hier vermöge der früher (S. 119 f. 
erwähnten Täuschungen des Augenmaßes das Verhältniss \ : \ als eine 
ungenaue Symmetrie erscheinen muss. Hiernach dürfte sich für alle 
möglichen Proportionen überhaupt die Regel aufstellen lassen, dass sie 
ästhetisch um so wirksamer sind, je mehr sie eine messende Zusammen¬ 
fassung begünstigen. Es lässt sich nicht verkennen, dass in dieser Be¬ 
ziehung der goldene Schnitt die Eigenthümlichkeit besitzt, das Ganze 
zugleich als Proportionalglied zu enthalten, wodurch die Zusammenfassung 
der Theile in ein Ganzes erleichtert sein könnte. 
Zu dem Eindruck, welchen die Gliederung der Gestalten hervorbringt, 
gesellt sich als ein weiteres Moment der Lauf der Begrenzungslinien. 
1) Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen Körpers. Leipzig 1854. 
Das Normalverhältniss der chemischen und morphologischen Proportionen. Ebend. 1 856. 
2) Fechner, Zur experimentalen Aesthetik. Abhandl. der sächs. Ges. d. Wiss. 
XIV, S. 555 ff. Vorschule der Aesthetik. Leipzig 1 876, I, S. 192.
	        
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