Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Aesthetische Elementargefühle. 
rend die eingehende Erörterung der höheren ästhetischen Gefühle einer 
psychologischen Aesthetik überlassen bleibt1). 
Bei allen Sinnesvorstellungen vollzieht sich die Verbindung der Em¬ 
pfindungen in dem allgemeinen Rahmen der beiden Anschauungsformen 
der Zeit und des Raumes. Auf den Zeit- und Raumverhältnissen der 
Vorstellungen beruhen daher auch wesentlich die ästhetischen Elementar¬ 
gefühle. Das Gehör, als zeiterweckender Sinn, gibt durch die zeitliche 
Verbindung seiner Vorstellungen, das Gesicht, als wichtigstes Organ der 
Raumanschauung, durch die räumliche Beziehung derselben zu Gefühlen 
Anlass, und beide Quellen vereinigen sich in der Bewegung. 
1. Harmonie und Rhythmus. 
Indem der Gehörsinn theils die gleichzeitigen theils die auf einander 
folgenden Eindrücke ordnet, ergeben sich für ihn zwei Grundformen ästhe¬ 
tischer Gefühle: Harmonie und Rhythmus. Die Harmonie ruht, wie 
ausführlich gezeigt wurde, auf einer doppelten, einer metrischen und einer 
phonischen Grundlage. Nach dem metrischen Princip sind es die ein¬ 
fachen Gliederungen der Tonintervalle, nach dem phonischen sind es die 
unmittelbar empfundenen oder associativ erregten Beziehungen der 
Töne auf eine Klangeinheit, welche die hauptsächlichsten Factoren 
des Harmoniegefühls abgeben. Als mannigfach unterstützende Momente 
treten hinzu die Verhältnisse der Consonanz, der Dissonanz und der Rauhig¬ 
keiten des Zusammenklangs2). Bei den höheren Formen der Harmonie¬ 
wirkung vereinigt sich stets eine große Zahl solcher Einzelwirkungen. 
Hierbei kommen ebenso in dem Zusammenklang wie in der melodischen 
Folge der Töne namentlich jene Neben intervalle in Betracht, die, den 
schwächeren Partialtönen angehörend, je nach der Klangfärbung und der 
Vertheilung der Tonmassen in der mannigfaltigsten Weise den harmonischen 
Eindruck der Hauptintervalle verändern können3). Indem wir die Analyse 
der einzelnen Intervalle, Accorde und Tonfolgen der psychologischen 
Aesthetik überlassen, möge hier nur auf das früher erörterte Beispiel der 
Dur- und Molldreiklänge nochmals hingewiesen werden4). Der Duraccord, 
zusammengehalten durch den als Combinationston wahrgenommenen Grund¬ 
klang, erscheint unmittelbar als eine Klangeinheit. Der Mollaccord ent¬ 
behrt dieser Verbindung. An die Stelle des Zusammenhalts durch den 
Grundklang tritt aber durch den coincidirenden Oberton eine Art Abschluss 
auf der entgegengesetzten Seite der Tonreihe. Dazu kommt als sinnlicher 
]) Eine kurze Erörterung derselben folgt unten Absclm. IV, Cap. XVIIJ. 
2) Cap. XII, S. 63 ff. 3) Ebend. S. 54 f. 4) Ebend. S. 61, 67 f.
	        
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