Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Gesichtsvorstellungen. 
nun auch für den ruhenden Blick einfach bleibt. Dagegen tritt regelmäßig 
Doppelsehen ein, wenn man einen Blickpunkt wählt, der von den übrigen 
Punkten des Sehfeldes vollständig getrennt ist, also vor oder hinter den¬ 
selben liegt, ohne mit ihnen durch eine Fixationslinie verbunden zu sein. 
A 
l\ 
Befindet sich z. B. ein Object in a (Fig. 171), und sind die beiden Gesichts¬ 
linien auf den ferner liegenden Punkt b eingestellt, so sieht man bei av 
und a2 Doppelbilder des Punktes a, davon gehört % dem Auge r, ci2 dem 
Auge l an, wie man sich dadurch überzeugen kann, dass, wenn r ge¬ 
schlossen wird, au wenn l geschlossen wird, a2 verschwindet. Die Doppel¬ 
bilder sind also in diesem Fall gleichseitige. Ist das Auge auf den 
näher liegenden Punkt c eingestellt, so werden wieder statt des Objectes a 
Doppelbilder ax und a2 gesehen: jetzt gehört aber a2 dem Auge r, ax dem 
Auge l an, wie man abermals durch abwechselndes 
Schließen derselben erkennt. Nun sind also die 
Doppelbilder ungleichseitige oder gekreuzte. 
In allen diesen Fällen werden nicht, wie man früher 
zuweilen angenommen hat, die Doppelbilder in die 
Entfernung des Blickpunktes b oder c verlegt, son¬ 
dern sie werden ungefähr in derselben Entfernung 
gesehen, in welcher sich das Object a befindet. Man 
hat also offenbar von der Lage des Objects a eine 
annähernd richtige Vorstellung. Solche mag in ein¬ 
zelnen Fällen dadurch gewonnen werden, dass wir 
uns durch vorangegangene Blickbewegungen von der 
wirklichen Lage des Objects a überzeugen. Aber dies 
kann nicht die entscheidende Ursache sein, wie aus 
folgenden Beobachtungen hervorgeht. Wenn man im 
dunkeln Baum einen kleinen Lichtpunkt anbringt, der 
als Fixationszeichen dient, und dann bald vor bald 
hinter denselben ein Object hält, welches durch einen momentanen 
elektrischen Funken erleuchtet wird, so erscheint während dieser Be¬ 
leuchtung das Object in Doppelbildern. Aber, obgleich Augenbewe¬ 
gungen bei der kurzen Dauer der Beleuchtung ausgeschlossen sind, er¬ 
kennen wir doch deutlich, ob sich das doppelt gesehene Object vor oder 
hinter dem Blickpunkte befindet1). Noch einfacher zeigt das nämliche der 
folgende von Hering angegebene Versuch2). Man stelle, indem man mit 
beiden Augen durch eine Röhre sieht, welche die Wahrnehmung der seit¬ 
lich gelegenen Objecte verhindert, auf einen bestimmten Fixationspunkt 
4) Donders, Archiv f. Ophthalm., XVII, 2. S. 4 7. Van der Meulen, ebend. XIX, 4. S. 4 0 5. 
2) Hering, Reichert’s und Du Bois-Reymond’s Archiv, 4 865 , S. 4 53. Van der 
Meulen a. a. 0.
	        
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