Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Tast- und Bewegungsvorstellungen. 
oder Zeitentfernung misst, in welcher Empfindungen noch von einander 
getrennt werden können, als extensive Schwelle bezeichnen, im 
Gegensätze zur intensiven Schwelle, welche die eben unterscheidbare 
Intensität der Empfindung bestimmt. Wir können dann aber die extensive 
Schwelle wieder unterscheiden in die Raum sch welle, um die es sich 
hier handelt, und die Zeitschwelle, auf deren Betrachtung wir später, 
bei der Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Vorstellungen, eingehen 
werden1). 
Zur Untersuchung der Raumschwelle des Tastsinns benützt 
man nach dem Vorbilde Weber’s einen Cirkel mit abgestumpften Spitzen, 
der, wenn man die Versuche an sich selbst ausführt, am besten mit einem 
Stiel versehen ist2). So lange die Entfernung der Cirkelspitzen unter der 
Raumschwelle bleibt, wird nur ein einziger Eindruck wahrgenommen ; so¬ 
bald sie jenen Grenzwerth überschreitet, fasst man beide Eindrücke als 
gesonderte auf. Die Raumschwelle lässt sich daher aus mehreren Probe¬ 
versuchen als die Grenze zwischen der untermerklichen und der übermerk¬ 
lichen räumlichen Scheidung der Eindrücke feststellen. Die Größe dieses 
Grenzwerthes variirt nach den Messungen Weber’s je nach der Hautstelle 
zwischen 1 und 68 Millimetern. Wählt man feinere Spitzen zur Berührung, 
so kann aber die Distanz noch erheblich unter diese Werthe herabgehen, 
namentlich wenn die durch feinere Empfindlichkeit ausgezeichneten Druck¬ 
punkte (I, S. 395) getroffen werden. Am feinsten ist die Unterscheidung 
an der Zungenspitze und an der Volarfläche der vordersten Fingerglieder, er¬ 
heblich gröber an den übrigen Theilen der Hand, dem Gesichte, den Zehen 
u. s. w., am ungenauesten an Brust und Bauch, Rücken, Oberarm und 
Oberschenkel. Hat man die Grenze, wo die zwei gleichzeitig aufgesetzten 
Spitzen unterschieden werden, nahezu erreicht, so wird zwar kein doppelter 
Eindruck wahrgenommen, aber man bemerkt mehr oder weniger deutlich, 
in welcher Richtung, ob z. B. longitudinal oder transversal, die beiden 
Spitzen aufgesetzt worden sind. In diesem Fall hat man also offenbar von 
der Ausdehnung des Eindrucks eine bestimmte Vorstellung, aber man 
unterscheidet noch nicht, dass zwischen den berührten Punkten ein freier 
Zwischenraum geblieben ist. 
4) Der Ausdruck extensive Schwelle rührt von Fechxer her. Er hat ihn 
aber auf den Begriff der Raumschwelle beschränkt und behandelt die Auffassung in 
extensiver Form als eine unmittelbar der Empfindung zukommende Eigenschaft. (Ele¬ 
mente der Psychophysik, 1, S. 52, 267 f.) 
2) Gebraucht man, wie bei der unten zu erwähnenden Methode der richtigen und 
falschen Fälle, constante Distanzen, so ersetzt man zweckmäßig, wie es zuerst von 
Vierordt geschehen ist, den Cirkel durch zwei in ein Brett gesteckte Stecknadeln. Ent¬ 
weder benützt man zur Berührung der Flaut die Köpfe der Nadeln oder, bei feineren 
Versuchen, die Spitzen derselben, die dann natürlich nur leise die Haut berühren 
dürfen. (Vierordt, Zeitschr. f. Biologie VI, S. 38. Camerer, ebend. XIX, S. 280.)
	        
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