Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Wahrnehmung bewegter Objecte. 
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die Gegenstände fixirend verfolgt. Wenn nun Auge und gesehenes Object 
gleichzeitig wandern, so ist eine richtige Auffassung der äußern Bewegung 
nur möglich, falls wir uns der Geschwindigkeit unserer Augenbewegung 
fortdauernd bewusst bleiben. Im entgegengesetzten Falle müssen Täuschun¬ 
gen eintreten. Am häufigsten sind dieselben bei passiven Bewegungen des 
Körpers. Hier wird mit dem ganzen Körper auch das Auge bewegt; aber da 
uns keine Muskelanstrengung von dieser Bewegung Kunde gibt, so können 
wir leicht die Verschiebung der Netzhautbilder auf eine Bewegung der 
äußern Gegenstände beziehen. Diese Täuschung tritt hauptsächlich dann 
ein, wenn die Geschwindigkeit der passiven Bewegung diejenige unserer 
gewohnten eigenen Ortsbewegungen erheblich übertrifft. Bei rascher Wagen¬ 
oder Eisenbahnfahrt zeigt sich deshalb die Scheinbewegung am stärksten 
an nahe gelegenen Gegenständen, während wir weiter entfernte als ruhend 
auffassen. In der Regel theilt sich hierbei die Bewegungsvorstellung 
zwischen dem ruhenden und dem bewegten Objecte. So stellen wir bei 
rascher Fahrt uns selbst mäßig bewegt vor, während wir den äußern 
Gegenständen eine entgegengesetzte Bewegung geben. Sitzt man am Strand 
der See auf einem Stuhl, der von den Wogen umspült wird, so glaubt 
man, wenn die Welle gegen den Strand dringt, gleichzeitig selber nach 
der hohen See hin bewegt zu werden. Sobald dagegen die Welle zurück¬ 
geht, glaubt man umgekehrt selbst nach dem Strande zurückzufahren. 
Alle diese Scheinbewegungen beruhen auf der Relativität der Be¬ 
wegungsvorstellungen. Wir nennen denjenigen Gegenstand ruhend, 
der sein Lageverhältniss zu uns selbst nicht wechselt. Wenn nun zwei 
Gegenstände ihre gegenseitige Lage im Raume ändern, so erscheint uns 
derjenige bewegt, dessen Netzhautbild sich verschiebt, oder zu dessen 
Fixation wir der verfolgenden Augenbewegung bedürfen. Die Entschei¬ 
dung ist daher leicht und meistens sicher, wenn nur das eine von zwei 
betrachteten Objecten sein Lageverhältniss zu uns ändert, das andere 
ruhend bleibt. Immerhin sind auch hier Täuschungen möglich, falls die 
Bewegung verhältnissmäßig langsam geschieht, wo uns die verfolgende 
Blickbewegung entgehen kann. Wenn z. B. des Abends Wolken am Monde 
vorüberziehen, so können wir diese Bewegung auf den Mond übertragen, 
der uns nun in entgegengesetzter Richtung vorüberzuziehen scheint, 
während die Wolken stille stehen. Bei dieser Täuschung wirkt der Um¬ 
stand mit, dass wir geneigter sind kleinere Gesichtsobjecte für bewegt zu 
halten als größere, eine Neigung, welche sich nur aus der Mehrzahl von 
Erfahrungen, die für diesen Fall sprechen, erklären lässt. Viel leichter 
noch treten derartige Täuschungen ein, wenn beide gegen einander bewegte 
Objecte ihre relative Lage zu uns ändern. So wird die vorige Erscheinung 
lebhafter, wenn wir uns selber bewegen. Am unsichersten ist aber
	        
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