Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Gesichtsvorstellungen. 
Abweichungen vom Weber’s eben Gesetze ordnen sich dann einfach jenen 
Abweichungen unter, welche allgemein im Gebiet der Intensitätsmessung 
der Empfindung stattfinden. Außerdem empfängt diese Auffassung ihre 
Bestätigung durch Beobachtungen über die Genauigkeit der Unterscheidung 
unserer Augenbewegungen. Man blicke durch einen in einem aufrecht 
stehenden Brett angebrachten horizontalen Schlitz mit beiden Augen nach 
einer weißen Wand in der Ferne. Zwischen dieser und den Augen werde 
ein vertical aufgehängter und durch ein Gewicht gespannter schwarzer 
Faden hin- und hergeschoben. Derselbe befinde sich in der Medianebene, 
so dass sich die beiden Augen in symmetrischer Gonvergenz auf ihn ein¬ 
stellen. Man bestimmt nun in den verschiedensten Distanzen vom Auge 
durch kleine Verschiebungen des Fadens diejenige Convergenzänderung, 
bei welcher eben die Annäherung oder Entfernung bemerkt wird 1). Die 
Resultate solcher Versuche sind in der folgenden kleinen Tabelle enthalten, 
in welcher unter S die absolute Entfernung des Fadens vom Beobachter, 
unter A die eben merkliche Verschiebung desselben in Centimetern ver¬ 
zeichnet ist; 5 gibt die zu S gehörigen Werthe des Winkels an, den jede 
Gesichtslinie mit der horizontalen Verbindungslinie beider Drehpunkte bil¬ 
det, a die aus A berechneten kleinen Aenderungen dieses Winkels; die 
letzte Reihe v enthält das Verhältniss der eben merklichen Annäherung 
zur absoluten Entfernung. 
5 
s 
A 
a 
V 
180 
890 2,5' 
3,5 
68" 
Vso 
1 70 
880 59' 
3 
66" 
l/~ 
/ 00 
160 
88° 55,5' 
3 
73" 
754 
150 
88° 51' 
3 
85" 
V« 
130 
88° 40,5' 
2 
74" 
Vß4 
110 
880 26' 
2 
104" 
Vs4 
80 
870 51 ' 
2 
199" 
739 
70 
870 32,5' 
1,5 
193" 
V45 
60 
860 84' 
1 
252" 
Vso 
Hiernach nimmt mit zunehmender Gonvergenz die absolute Winkel¬ 
verschiebung der Gesichtslinie, welche noch bemerkt werden kann, be- 
1) Wundt, Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung, S. 195, 415. Ich habe 
diese Versuche, um den Einfluss zu beseitigen, welchen die Verschiebung des Netz¬ 
hautbildes ausübt, so ausgeführt, dass die Augen, nachdem sie im Moment der Be¬ 
wegung des Fadens auf kurze Zeit geschlossen waren, immer zuerst auf die entfernte 
Wand und dann auf den näher gerückten Faden sich einstellten. Der Umstand, dass 
man hierbei einen gegenwärtigen Eindruck mit einem im Gedächtniss zurückgebliebe¬ 
nen vergleicht, begründet keinen Unterschied mit den Augenmaßversuchen, da bei 
diesen die zwei Distanzen ebenfalls durch successive Ausmessung verglichen werden. 
In andern Versuchen wurde außerdem der Faden fortwährend fixirt, während die 
Annäherung desselben stattfand, ohne dass dabei die Resultate merklich andere 
wurden.
	        
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