Vorwort.
VII
gehende psychologische Theorie hinweisen; darzuthun. Die Hypothese
von den specifischen Sinnesenergien, die eigentlich einen Rest des älteren
Nativismus darstellt, kann, wie ich glaube, trotz der bequemen Er¬
klärung mancher Thatsachen, die sie zulässt, nicht mehr gehalten werden.
Meine Kritik wird hier voraussichtlich noch auf manchen Widerspruch
stoßen. Wer aber den ganzen Zusammenhang ins Auge fasst, wird sich
der Triftigkeit der Einwände kaum entziehen.
Die Untersuchungen des vierten Abschnitts, namentlich die Versuche
über den Eintritt und Verlauf der durch äußere Eindrücke erweckten
Sinnesvorstellungen, haben den Verfasser seit vierzehn Jahren, freilich
mit vielen durch andere Arbeiten und durch die Beschaffung der noth-
wendigen Apparate verursachten Unterbrechungen, beschäftigt. Die ersten
Resultate sind schon im Jahre 1861 der Naturforscherversammlung in
Speyer vorgetragen worden. Seitdem sind noch von anderer Seite
mehrere beachtungswerthe Abhandlungen über den gleichen Gegenstand
erschienen. An einer Verwerthung der gewonnenen Thatsachen für
die Theorie des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit hat es aber bis
jetzt gefehlt. Möchte es mir gelungen sein, diesem wichtigen Zweige
der physiologischen Psychologie wenigstens einen vorläufigen Abschluss
gegeben zu haben.
Schließlich kann ich nicht umhin, den polemischen Ausführungen
gegen Herbart hier die Bitte beizufügen, dass man nach denselben
zugleich die Bedeutung bemessen möge, die ich den psychologischen
Arbeiten dieses Philosophen beilege, dem ich nächst Kant in der Aus¬
bildung eigener philosophischer Ansichten am meisten verdanke. Ebenso
brauche ich mit Rücksicht auf die in einem der letzten Capitel enthaltene
Bekämpfung von Darwin’s Theorie der Ausdrucksbewegungen kaum erst
zu betonen, wie sehr auch das gegenwärtige Werk von den allgemeinen
Anschauungen durchdrungen ist, welche durch Darwin ein unverlierbarer
Besitz der Naturforschung geworden sind.
Heidelberg, im März 1874.