Allgemeine Uebersicht.
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häuft sic*h diese Erscheinung so sehr, dass nur noch ein verhältnissmäßig
kleiner Theil der grauen Masse als Bodenbeleg der Rautengrube die ur¬
sprüngliche Lagerung um den Centralcanal einhält, der größte Theil aber
durch zwischentretende weiße Markfasern in einzelne Nester getrennt ist.
Man pflegt solche von Mark umgebene Ansammlungen grauer Substanz
als graue Kerne zu bezeichnen. Eine wesentliche Modification, welche
das centrale Grau des Rückenmarks beim Uebergang in das Gehirn erfährt,
besteht sonach darin, dass sich aus ihm durch den Dazwischentritt weißer
Markmassen eine weitere Formation grauer Substanz absondert, welche
wir als Kernformation oder Kerngrau (Gangliengrau) bezeichnen wollen.
Die Kernformation liegt in der Mitte zwischen Höhlen- und Rindengrau1).
Geht man von der Centralhöhle aus, so trifft man zuerst auf Höhlen¬
grau, hierauf kommt weiße Marksubstanz, dann Kernformation, dann noch¬
mals Mark, und endlich das Grau der Rinde.
Als den nächsten Grund für das Auftreten gesonderter Kerne grauer
Substanz kann man das Auftreten von Nerven betrachten, die sowohl
unter sich wie mit den Ursprungspunkten der tiefer abgehenden Rücken¬
marksnerven in vielseitige Verbindung gesetzt sind. Solche Verknüpfungen
führen nothwendig einen verwirk eiteren Verlauf der Nervenfasern mit sich.
Während die zur Herstellung dieser Verbindung erforderliche graue Sub¬
stanz an Masse zunimmt, finden zugleich die verknüpfenden Faserbündel
in der Peripherie derselben keinen zureichenden Platz mehr: so bleibt
nur ein Theil der grauen Masse um die Centralhöhle gelagert, der übrige
wird zur Kernformation zerklüftet. Indem auf diese Weise die graue
Centralmasse in einzelne Herde sich sondert, scheiden sich zugleich deut¬
lich solche Centralgebiete, welche als unmittelbare Ursprungspunkte der
Nerven dienen, von andern, welche ausschließlich Fasern mit einander
verknüpfen, die von verschiedenen directen Ursprungsorten aus central-
wärts verlaufen. Jene ersteren Anhäufungen grauer Substanz, aus welchen
unmittelbar peripherische Nervenfasern hervorkommen, pflegt man als
Nervenkerne, die zweiten, welche zur Verbindung und Sammlung
centralwärts verlaufender Fasern bestimmt sind, als Ganglienkerne
zu bezeichnen. Der letztere Name hat darin seinen Grund, dass sich bei
den höheren Wirbelthieren um einige dieser Kerne das Mark in beson¬
deren, von der übrigen Hirnmasse theilweise getrennten Anhäufungen
sammelt, welche man dann sammt den grauen Kernen, die sie umschließen,
I; Arnold Handbuch der Anatomie II, S. 64 1) und Huschke (Schädel, Hirn und
Seele, S. 131) unterscheiden zwei Formationen grauer Substanz, Kern- und Rinden¬
substanz. Meynert (Strickers Gewebelehre, S. 695) führt vier Formationen auf;
Hohlengrau, Gangliengrau, Rindengrau und Kleinhirngrau. Zweckmäßiger lässt sich
aber wohl die Rinde des Kleinhirns der Rindenformation, seine grauen Kerne der Kern-
f o r ma tio n z u re ch n en.
Wundt, Grundzüge. 3. Aufl.
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