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Vorwort.
vormaligen Director des Heidelberger anatomischen Museums, Professor
Fr. Arnold, zu Dank verpflichtet. Die mikroskopische Erforschung des
Gehirnbaus fordert freilich ihren eigenen Mann. und musste ich mich
hier darauf beschränken, die Angaben der verschiedenen Autoren unter
einander und mit den Resultaten der gröberen Gehirnanatomie zu ver¬
gleichen. Ich muss es den Sachverständigen überlassen zu entscheiden,
ob das auf dieser Grundlage im vierten Capitel gezeichnete Bild der
centralen Leitungsbahnen wenigstens in seinen Hauptzügen richtig ist.
Dass im einzelnen noch mannigfache Ergänzungen und Berichtigungen
desselben erforderlich sind, ist mir wohl bewusst. Doch dürfte eine ge¬
wisse Bürgschaft immerhin darin liegen, dass die functioneilen Störungen,
die der physiologische Versuch bei den Abtragungen und Durchschnei¬
dungen der verschiedenen Centraltheile ergibt, mit jenem anatomischen
Bilde leicht in Einklang zu bringen sind, wie ich im fünften Capitel zu
zeigen versuchte. Die meisten der hier dargestellten Erscheinungen hatte
ich in eigenen Versuchen zu beobachten häufige Gelegenheit. Im sechsten
Capitel sind die Resultate meiner »Untersuchungen zur Mechanik der
Nerven und Nervencentren«. so weit sich dieselben auf die psychologisch
wichtige Frage nach der Natur der in den Nervenelementen wirksamen
Kräfte beziehen, zusammengefasst.
Der zweite und dritte Abschnitt behandeln ein Gebiet, das den Ver¬
fasser selbst vor langer Zeit zuerst zu psychologischen Studien führte.
Als er im Jahre 1858 seine »Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung«
auszuarbeiten begann. waren unter den deutschen Physiologen nativi-
stische Ansichten noch in fast unbestrittener Geltung. Jene Schrift war
wesentlich aus der Absicht entsprungen, die Unzulänglichkeit der bisherigen
Hypothesen über die Entstehung der räumlichen Tust- und Gesichts¬
vorstellungen nachzuweisen und physiologische Grundlagen einer psy¬
chologischen Theorie aufzufinden. Seitdem haben die dort vertretenen
Ansichten auch unter den Physiologen allgemeineren Eingang gefunden,
meistens allerdings in einer Form. die vor einer strengen Kritik nicht
Stand halten dürfte. Der Verfasser hofft, es möchte ihm in dem vor¬
liegenden Werke gelungen sein, das Ungenügende des neueren physio¬
logischen Empirismus ebenso wie die relative Berechtigung des Nativis¬
mus und die Nothwendigkeit, mit der beide Anschauungen auf eine tiefer