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GefLililston der Empfindung.
Diesen Empfindungen der objectiven Sinne stehen jene gegenüber, die,
weil sie von inneren, in den Organen des Körpers durch physiologische
oder pathologische Processe entstehenden Reizen herrühren, stets auf einen
subjectiven Zustand hindeuten. Sie sind es, die das sogenannte Ge¬
rn ein ge fühl zusammensetzen. Ihrer Qualität nach sind sie weit einför¬
miger als die Empfindungen der objectiven Sinne, so dass ihr Gefühlston
sich nur zwischen den von der Stärke der Empfindungen abhängigen
Gegensätzen der Lust und Unlust bewegt, Durch die unmittelbare Beziehung
auf das eigene Selbst gewinnen aber diese Gefühle eine besondere Leben¬
digkeit. So hängt denn unser Wohl- oder Uebelbefinden, die Frische oder
Schwerfälligkeit unserer Stimmung wesentlich von solchen subjectiven
Empfindungen ab, an denen der Gefühlston von so überwiegender Be¬
deutung wird, dass wir was an ihnen reine Empfindung ist vollkommen
zu übersehen pflegen. Eben deshalb hat man häufig eine specifische Ver¬
schiedenheit zwischen ihnen und den höheren Sinnesempfindungen ange¬
nommen, indem man hinwiederum an den letzteren den Gefühlston über¬
sah und auf solche Weise die Gemeinempfindungen als sinnliche Gefühle
den reinen Empfindungen gegenüberstellte. Aber jedem Gemeingefühl
liegt eine Empfindung zu Grunde, an der, wenn man von der Beziehung
auf das Bewusstsein abstrahirt, ebenfalls lediglich Qualität und Intensität
zu unterscheiden bleiben. Außerdem gibt es Empfindungen, welche eine
mittlere Stellung einnehmen, die Tast-, die Geruchs- und Geschmacks¬
empfindungen. Bei ihnen ist der Reiz ein äußerer, und sie werden des¬
halb im allgemeinen auf äußere Vorstellungen bezogen. Aber gleichzeitig
bedingt der Reiz eine so unmittelbare Affection des eigenen Körpers, dass
der Gefühlston subjectiv bleibt, daher denn Tast-, Geruchs- und Ge¬
schmacksempfindungen zur Färbung unseres Gemeingefühls wesentlich
beitragen. Von inneren Organen sind es besonders die Muskeln, deren
Empfindungen bei der Contraction sowie bei der Ermüdung das Gemein¬
gefühl mitbestimmen. Ihnen gesellen sich sehr schwache und darum meist
unserer Aufmerksamkeit entgehende Empfindungen anderer innerer Organe
bei. Sie drängen sich erst dann dem Bewusstsein auf, wenn sie zum
Schmerze sich steigern oder demselben nahe kommen. Hier geben sich
dann in den verschiedenen Färbungen des Schmerzes, dem brennenden
der Schleimhäute, dem stechenden der serösen Membranen, dem bohren¬
den der Knochen u. s. w., Verschiedenheiten in der Empfindungsqualität
der Organe zu erkennen, die aber alle vor dem hohen Unlustwerth des
in seinen höchsten Graden immer mehr der Gleichheit sich nähernden
Schmerzes zurücktreten. Sobald diese Steigerung der Empfindung zum
Schmerze eintritt, erlischt dann auch bei den höheren Sinnen die Beziehung
auf einen äußeren Gegenstand, indem sich die subjective Störung in den