Abhängigkeit des Gefühls von der Qualität der Empfindung.
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geschlossene Curve dargestellt werden. Mit Rücksicht auf ihre Bedeutung als
Uebergangsstimmungen wird aber hierbei dem Grün angemessener das Violett
als das Purpur gegenüberzustellen sein, und es werden dem entsprechend Roth
und Indigblau, Gelb und Blau einander gegenüber zu liegen kommen; das
Purpur hat dann in dieser Stimmungscurve der Farbentöne nur die Bedeutung
eines Roth, das wenig durch Violett modifient ist. Um die verschiedene Weise
des Uebergangs von der Plus- zur Minus-Seite anzudeuten, wählen wir wieder
die Darstellung in einer dem Dreieck sich nähernden Figur: die gerade Grund¬
linie entspricht dem contrastirenden Uebergang durch Violett, der an Stelle der
Spitze gelegene Bogen dem ruhigen Uebergang durch Grün (Fig. 142). Denken
wir uns die den verminderten Sättigungsgraden der Farben bis zum Weiß
entsprechenden Gefühle ähnlich angeordnet, so bilden sie alle zusammen die
von der Farbencurve umschlossene Ebene, in welcher der Punkt des Weiß die
indifferente Stimmung bezeichnet, wie sie die einfache, weder durch besondere
Stärke oder Schwäche des Lichts noch durch einen Farbenton modificirte Licht¬
empfindung hervorbringt. Rings herum liegen die matteren und darum durch
kürzere Uebergänge vermittelten Gefühlstöne der weißlichen Farben. Aber zu
den Stimmungen, welche die Farben
und ihre Sättigungsgrade hervorbrin-
Gril
n
gen, kommen dann noch die an die
Intensitätsgrade des Lichts sich
knüpfenden Gefühle. Zwischen den
Gegensätzen des Hellen und Dunkeln,
zwischen denen sie sich bewegen,
gibt es nur den einen Uebergang
durch eine mittlere Helligkeit, wel¬
cher der indifferenten Stimmung ent¬
spricht. Hier also liegen die gegen¬
sätzlichen Gefühle an den Enden
einer Geraden. So bietet sich auch
für die Gefühlstöne der Farben die
Construction in einem körperlichen Gebilde, an dem Hell und Dunkel die
beiden Endpole bilden. Ein einfacher Uebergang des Gefühls durch einen
einzigen Indifferenzpunkt findet nur für die nicht von Farbentönen begleitete
Lichtempfindung statt, welche durch die Axe jenes körperlichen Gebildes dar¬
gestellt wird (vgl. Fig. 133 S. 465). Für jede Farbe gibt es also drei Ueber¬
gänge der Stimmung zu einer Farbe von entgegengesetztem Gefühlston: der
harmonische durch das ruhige Grün, der contrastirende durch das zwiespältige
Violett und der indifferente durch das gleichgültige Weiß. Zwischen den
Gegensätzen der Helligkeit, dem ernsten Dunkel und dem heiteren Lichte,
existirt dagegen nur der eine Uebergang durch das indifferente Weiß von
mittlerer Helligkeit. Indem die Lichtstärke der Farben zu- oder abnehmen
kann, können diese auch an den Gefühlstönen der Helligkeit Theil nehmen.
Aber dabei vermindert sich in dem Maße als die Lichtstärke steigt oder
sinkt der Umfang des innerhalb der Farbenreihe möglichen Stimmungswech¬
sels, der harmonische und der contrastirende Uebergang rücken immer näher
zusammen, bis mit der Erreichung des dunkeln oder hellen Pols der Em¬
pfindung das Farbengefühl völlig erlischt. Während demnach in der Ton- und
Klangwelt alle Gefühle sich zwischen geradlinig gegenüberliegenden Gegensätzen