Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Abhängigkeit des Gefühls von der Qualität der Empfindung. 
525 
geschlossene Curve dargestellt werden. Mit Rücksicht auf ihre Bedeutung als 
Uebergangsstimmungen wird aber hierbei dem Grün angemessener das Violett 
als das Purpur gegenüberzustellen sein, und es werden dem entsprechend Roth 
und Indigblau, Gelb und Blau einander gegenüber zu liegen kommen; das 
Purpur hat dann in dieser Stimmungscurve der Farbentöne nur die Bedeutung 
eines Roth, das wenig durch Violett modifient ist. Um die verschiedene Weise 
des Uebergangs von der Plus- zur Minus-Seite anzudeuten, wählen wir wieder 
die Darstellung in einer dem Dreieck sich nähernden Figur: die gerade Grund¬ 
linie entspricht dem contrastirenden Uebergang durch Violett, der an Stelle der 
Spitze gelegene Bogen dem ruhigen Uebergang durch Grün (Fig. 142). Denken 
wir uns die den verminderten Sättigungsgraden der Farben bis zum Weiß 
entsprechenden Gefühle ähnlich angeordnet, so bilden sie alle zusammen die 
von der Farbencurve umschlossene Ebene, in welcher der Punkt des Weiß die 
indifferente Stimmung bezeichnet, wie sie die einfache, weder durch besondere 
Stärke oder Schwäche des Lichts noch durch einen Farbenton modificirte Licht¬ 
empfindung hervorbringt. Rings herum liegen die matteren und darum durch 
kürzere Uebergänge vermittelten Gefühlstöne der weißlichen Farben. Aber zu 
den Stimmungen, welche die Farben 
und ihre Sättigungsgrade hervorbrin- 
Gril 
n 
gen, kommen dann noch die an die 
Intensitätsgrade des Lichts sich 
knüpfenden Gefühle. Zwischen den 
Gegensätzen des Hellen und Dunkeln, 
zwischen denen sie sich bewegen, 
gibt es nur den einen Uebergang 
durch eine mittlere Helligkeit, wel¬ 
cher der indifferenten Stimmung ent¬ 
spricht. Hier also liegen die gegen¬ 
sätzlichen Gefühle an den Enden 
einer Geraden. So bietet sich auch 
für die Gefühlstöne der Farben die 
Construction in einem körperlichen Gebilde, an dem Hell und Dunkel die 
beiden Endpole bilden. Ein einfacher Uebergang des Gefühls durch einen 
einzigen Indifferenzpunkt findet nur für die nicht von Farbentönen begleitete 
Lichtempfindung statt, welche durch die Axe jenes körperlichen Gebildes dar¬ 
gestellt wird (vgl. Fig. 133 S. 465). Für jede Farbe gibt es also drei Ueber¬ 
gänge der Stimmung zu einer Farbe von entgegengesetztem Gefühlston: der 
harmonische durch das ruhige Grün, der contrastirende durch das zwiespältige 
Violett und der indifferente durch das gleichgültige Weiß. Zwischen den 
Gegensätzen der Helligkeit, dem ernsten Dunkel und dem heiteren Lichte, 
existirt dagegen nur der eine Uebergang durch das indifferente Weiß von 
mittlerer Helligkeit. Indem die Lichtstärke der Farben zu- oder abnehmen 
kann, können diese auch an den Gefühlstönen der Helligkeit Theil nehmen. 
Aber dabei vermindert sich in dem Maße als die Lichtstärke steigt oder 
sinkt der Umfang des innerhalb der Farbenreihe möglichen Stimmungswech¬ 
sels, der harmonische und der contrastirende Uebergang rücken immer näher 
zusammen, bis mit der Erreichung des dunkeln oder hellen Pols der Em¬ 
pfindung das Farbengefühl völlig erlischt. Während demnach in der Ton- und 
Klangwelt alle Gefühle sich zwischen geradlinig gegenüberliegenden Gegensätzen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.