Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Gefühlston der Empfindung. 
ruhigen , aufgeregteren Stimmungen an, wobei aber der allgemeine Cha¬ 
rakter der Plus- und Minusseite erhalten bleibt. So ist das Roth die Farbe 
energischer Kraft. Bei großer Lichtstärke wohnt ihm mehr als irgend 
einer andern ein aufregendes Gefühl inne, wie denn bekanntlich Thiere 
und Wilde durch eine blutrothe Farbe gereizt werden. Bei geringerer 
Lichtstärke dämpft sich sein Gefühlston zu Ernst und Würde herab, ein 
Charakter, den es noch vollständiger im Purpur annimmt, wo es zu den 
Farben der ruhigeren Stimmung, Violett oder Blau, übergeht. Das Violett 
endlich zeigt, entsprechend seiner gleichzeitigen Verwandtschaft zu Blau 
und Roth, einen Zug düsteren Ernstes und einer unruhig sehnenden Stim¬ 
mung , der auch dem Indigblau schon theilweise zukommt. 
Die Wirkung der reinen Farben kann nun in entgegengesetzter Weise 
modificirt werden, je nachdem entweder durch die Beimengung von Weiß 
ihre Sättigung abnimmt, oder aber in Folge der verminderten Lichtstärke 
sie sich dem Schwarz nähern. Beiden Veränderungen entsprechen Modifi- 
cationen des Gefühls, die sich im allgemeinen als eine Combination der 
Wirkung des reinen Weiß und Schwarz mit derjenigen der betreffenden 
Farbe betrachten lassen. So wird die aufregende Wirkung des Roth durch 
verminderte Sättigung im Rosa zu 
einem Gefühl gemildert, das an den 
Affect aufgeregter Freude erinnert. In dem weißlichen Violett oder Lila 
hat sich der melancholische Ernst des dunkeln Violett zu einer sanften 
Schwermuth ermäßigt, und im Himmelblau hat die kalte Ruhe des ge¬ 
sättigten Dunkelblau einer ruhigen Heiterkeit Platz gemacht. Nicht minder 
wird die erregende Stimmung des Gelb durch den Zusatz von Weiß zu 
dem ruhigeren Lustgefühl ermäßigt, welches der Empfindung des Sonnen¬ 
lichtes entspricht, und das Grün verliert durch verminderte Sättigung von 
seinem ausgleichenden Charakter, indem sich etwas von der erregenden 
Wirkung des Hellen ihm beimengt. Dagegen nehmen alle Farben, die an 
und für sich einen ernsten Charakter tragen, wie Roth, Violett, Blau, und 
auch das Grün, insofern es durch seine Zwischenstellung zum Ausdruck 
einfachen Ernstes befähigt wird, mit verminderter Lichtintensität an Ernst 
des Ausdrucks immer mehr zu. Nur beim Gelb wirkt die Lichtabnahme 
zu der an und für sich dem weißen Lichte 
verwandten Stimmung der Farbe. So erhält denn das dunkle Gell) und 
das ihm gleichende spektrale Orange einen Ton gedämpfter Erregung, der. 
vielmehr als ein Gegensatz 
wenn die Lichtabnahme noch weiter geht, im Braun schließlich einer 
völlig neutralen Stimmung weicht. Dies ist offenbar der Grund, weshalb 
wir neben dem gesättigten Grün, der einzigen eigentlichen Farbe, der eine 
ähnlich neutrale Bedeutung zukommt, und dem Grau, das zwischen den 
entgegengesetzten Stimmungen von Weiß und Schwarz in der Mitte liegt, 
noch das Braun als Farbe derjenigen Gegenstände wählen, die uns fort-
	        
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