Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Geflihlston der Empfindung. 
nur als reine Empfindungen in Betracht kommen, was der nachher zu 
besprechenden Abhängigkeit des Gefühlstones von dem Gesammtzustand 
des Bewusstseins entspricht. Bei den schwächsten positiven Empfindungen 
ist der Gefühlswerth noch gering, dann aber werden sehr bald Reiz¬ 
stärken erreicht, bei denen der reine Antheil der Empfindung und der Ge¬ 
fühlswerth gleicherweise stark sind. Doch der letztere nimmt wieder ab, 
worauf in der Gegend des Indifferenzpunktes abermals Empfindungsstärken 
mit sehr kleinem Gefühlstone folgen müssen; diese Grenze ist übrigens 
wahrscheinlich eine labile und darum in der Beobachtung schwer festzu¬ 
stellen. 
Während Anfang und Ende der Gefühlscurve unzweideutig durch die 
Werthe der Reizschwelle und der Reizhöhe gegeben sind, ist dies nicht so 
mit jenen beiden ausgezeichneten Punkten, welche dem Maximum der 
positiven Lust und dem Indifferenzpunkt entsprechen. Doch lässt einiges 
über die wahrscheinliche Lage derselben sich aussagen. Was nämlich 
zunächst den Maximalpunkt betrifft, so scheint die Annahme gerechtfer¬ 
tigt, dass er um den Cardinalwerth der Empfindung gelegen sei, 
wo die Empfindung einfach proportional der Reizstärke wächst1). Bei 
schwächeren Reizen wird die absolute Größe der Empfindung zu klein, 
als dass ein Lustgefühl von hinreichender Stärke sich damit verbinden 
könnte, bei intensiveren Reizen fehlt es an der genügenden Abstufung 
in der Intensität der Empfindungen. Dass aber die letztere beim Gefühl 
eine wesentliche Rolle spielt, geht aus der Unmöglichkeit hervor, bei be¬ 
harrender Empfindungsgröße auch dieselben Lustwerthe festzuhalten. Da 
nun der Gefühlston der Empfindung stets bei einer gewissen Dauer der¬ 
selben abnimmt, so ist es von vornherein wahrscheinlich, dass diejenigen 
Reizstärken, welche für den Wechsel der Empfindungen die günstigste 
Bedingung darbieten, mit den größten Lustwerthen verbunden seien. Auch 
die Analogien aus dem Gebiet der zusammengesetzteren Gemüthsbewe- 
gungen, bei denen eine ähnliche Beziehung zwischen den Ursachen der 
Stimmung und dieser selber wie zwischen Reiz und Gefühl besteht, schei¬ 
nen dies zu bestätigen. Das Wachsthum des Glücks in seinem Yerhältniss 
zur Zunahme der Glücksgüter folgt innerhalb gewisser Grenzen dem Weber- 
schen Gesetze, insofern für den Besitzer von 100 Thalern ein Zuschuss 
von einem ebenso viel bedeutet wie für den Besitzer von 1000 ein Zu¬ 
schuss von 10 Thalern2). Aber für die Schätzung kleiner Schwankungen 
des Glücks ist Derjenige am günstigsten gestellt, bei welchem die Be¬ 
glückung der Zunahme der äußeren Glücksgüter einfach proportional ist. 
Unter dieser Grenze ist der absolute Werth der vorhandenen Glücksgüter 
■1) Vgl. S. 885. 
2) Vgl. unten Nr. 4,
	        
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