Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Qualität der Empfindung. 
hier wieder das Intervall zwischen Roth und Violett durch die Mischung 
dieser Endfarben ausgefüllt werden, wenn man die volle Periode von 360° 
erhalten will 
Nur ein Gebiet von Erscheinungen bedarf außer diesen Annahmen 
noch weiterer Voraussetzungen: die Contrasterscheinungen. Bei 
ihnen weisen zwar viele Thatsachen darauf hin, dass sie überhaupt aus 
den Erregungsvorgängen in den peripherischen Sinnesapparaten nicht voll¬ 
ständig erklärt werden können. Dennoch hat es auch hier an solchen Ver- 
suchen nicht gefehlt, and sie erscheinen als der naheliegendste Weg, auch 
den Contrast in den Rahmen der sonstigen Gesetze der Lichtempfindungen 
einzufügen. Man nahm daher an, jede Reizung einer Netzhautstelle setze 
in den benachbarten Netzhauttheilen die Erregbarkeit für den gleichen Reiz 
herab und veranlasse darum hier eine contrastirende Empfindung. Man 
betrachtete also den Contrast im allgemeinen als eine Irradiationserschei- 
nung. Diese Auffassung lässt aber eine Menge eigenthümlicher Verände¬ 
rungen der Contrastphänomene, welche wir oben kennen lernten, völlig 
unerklärt, und außerdem steht sie mit den Thatsachen im Widerspruch. 
Wenn eine derartige antagonistische Irradiation der Reizung stattfände, so 
müsste man erwarten, dass mit der Intensität des inducirenden Reizes 
auch die Stärke der Contrastwirkung zunehme. Dies ist aber, wie wir 
erfahren haben, durchaus nicht der Fall, sondern es ist im Gegentheil ein 
Verhältnis der Reizstärken für den Contrast am günstigsten, bei welchem 
auch der inducirende Reiz eine mäßige Intensität besitzt. Wäre ferner 
die Irradiationserklärung richtig, so müsste, wenn man an der rotirenden 
Scheibe (Fig. 136) die äußern und innern Sectoren von complementärem 
Farbenton, also z. B. die einen purpur, die andern grün, wählt, der 
mittlere Ring ebenso grau erscheinen wie beim Hinwegfallen der indu¬ 
cirenden Farben. Letzteres ist aber nicht der Fall, sondern entweder 
bleiben die Contrastfarben als getrennte farbige Ringe sichtbar, die un¬ 
mittelbar an einander stoßen, oder, wenn man den grauen Ring sehr schmal 
nimmt, so greifen die Contrastfarben über einander, während der Ring 
selbst bald farblos bald schwach gefärbt, immer aber zugleich durch¬ 
sichtig erscheint, so als wenn die eine Farbe in der andern gespiegelt 
würde* 2). 
1 ) Vergl. zu dem Yorangegangenen meine Abhandlung : Die Empfindung des Lichts 
und der Farben, Philos. Studien, 1Y, S. 341 ff.. 
2) Damit man bei der Trennung der inducirenden Farben durch einen schmalen 
Ring von 4—3 mm Breite diese Erscheinungen deutlich erhalte, wählt man am besten 
die relativen Helligkeiten so, dass möglichst wenig Helligkeitscontrast entsteht. Nimmt 
man dann z. B. außen Purpur, innen Grün, so erscheint durch das Uebergreifen der 
Gontrastwirkungen der graue Ring außen von einem tief purpurrothen, innen von 
einem tief grünen Ring begrenzt. Zwischen diesen beiden Stellen, wo die Contrast- 
wirkungen durch die primären Farben verstärkt werden, also an der Stelle des schmalen
	        
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