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Qualität der Empfindung.
einer inneren Dauererregung, welche als constant vorausgesetzt wer¬
den kann. Ihr entspricht die Empfindung des Schwarz, welche theils
die Lichtreize begleitet und dann den qualitativen Eindruck des größeren
oder geringeren Dunkels bestimmt, theils bei dem Wegfall anderer Reize
allein zurückbleibt. 2) Durch jede äußere Netzhauterregung werden zwei
verschiedene Reizungsvorgänge ausgelöst, eine chromatische und eine
achromatische Erregung. Die chromatische Reizung ist eine Function
der Wellenlänge des Lichtes; die achromatische ist in Bezug auf ihre rela¬
tive Stärke ebenfalls von der Wellenlänge abhängig, und zwar erreicht
ihre Intensität im Gelb ein Maximum. Beide Erregungen folgen bei wachsen¬
der Reizstärke verschiedenen Gesetzen, indem die achromatische Erregung
schon bei schwächeren Reizen beginnt und zunächst die chromatische
Reizung an Intensität übertrifft. Bei mittleren Lichtreizen nimmt sodann
die relative Stärke der chromatischen Erregung zu, um bei den intensivsten
Reizen abermals der achromatischen das Uebergewicht zu lassen. 3) Die
chromatische Erregung besteht in einem polyformen photochemischen
Vorgang, der mit der Wellenlänge stufenweise veränderlich ist, indem er
zugleich eine annähernd periodische Function der Wellenlänge darstellt,
da die äußersten Unterschiede der letzteren einander ähnliche Wirkungen
hervorbringen, während die Wirkungen gewisser zwischenliegender Unter¬
schiede in der Weise entgegengesetzt sind, dass sie sich, analog wie ent¬
gegengesetzte Phasen eines Bewegungsvorganges, vollständig compensiren
können. 4) Jeder photochemische Erregungsvorgang überdauert eine ge¬
wisse Zeit die Reizung und erschöpft die Erregbarkeit der Sinnessubstanz
für den stattgefundenen Reiz. Aus der unmittelbaren Nachwirkung der
Reizung erklärt sich das positive und gleichfarbige, aus der Erschöpfung
das negative und complementäre Nachbild.
Die in Fig. 139 gegebene graphische Darstellung erläutert die hier
vorausgesetzte Abhängigkeit der beiden Erregungsvorgänge von der Schwin¬
gungsamplitude. Die wachsenden Größen der letzteren bei irgend einer
monochromatischen Reizung werden durch die auf ax aufgetragenen Ab-
scissen versinnlicht. Wir setzen der Einfachheit wegen voraus, die achro¬
matische Erregung wachse von der Reizschwelle b an proportional der
Lichtstärke, sie werde also durch die Gerade bw dargestellt. Dann liegt
zunächst, da die schwächsten Reize nur farblose Erregung verursachen,
die Schwelle der chromatischen Reizung bei einer etwas größeren Licht¬
stärke c. Von da an wird das weitere Wachsthum der chromatischen
Reizung durch die Curve er dargestellt, die anfangs sehr schnell ansteigt,
dann aber bald einem Maximum zustrebt, von dem an sie, bei fortan
wachsender achromatischer Reizung, etwa der Abscissenlinie parallel bleibt.
Die Abhängigkeit der Sättigung v on der Reizstärke findet demzufolge in der