Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

494 
Qualität der Empfindung. 
einer inneren Dauererregung, welche als constant vorausgesetzt wer¬ 
den kann. Ihr entspricht die Empfindung des Schwarz, welche theils 
die Lichtreize begleitet und dann den qualitativen Eindruck des größeren 
oder geringeren Dunkels bestimmt, theils bei dem Wegfall anderer Reize 
allein zurückbleibt. 2) Durch jede äußere Netzhauterregung werden zwei 
verschiedene Reizungsvorgänge ausgelöst, eine chromatische und eine 
achromatische Erregung. Die chromatische Reizung ist eine Function 
der Wellenlänge des Lichtes; die achromatische ist in Bezug auf ihre rela¬ 
tive Stärke ebenfalls von der Wellenlänge abhängig, und zwar erreicht 
ihre Intensität im Gelb ein Maximum. Beide Erregungen folgen bei wachsen¬ 
der Reizstärke verschiedenen Gesetzen, indem die achromatische Erregung 
schon bei schwächeren Reizen beginnt und zunächst die chromatische 
Reizung an Intensität übertrifft. Bei mittleren Lichtreizen nimmt sodann 
die relative Stärke der chromatischen Erregung zu, um bei den intensivsten 
Reizen abermals der achromatischen das Uebergewicht zu lassen. 3) Die 
chromatische Erregung besteht in einem polyformen photochemischen 
Vorgang, der mit der Wellenlänge stufenweise veränderlich ist, indem er 
zugleich eine annähernd periodische Function der Wellenlänge darstellt, 
da die äußersten Unterschiede der letzteren einander ähnliche Wirkungen 
hervorbringen, während die Wirkungen gewisser zwischenliegender Unter¬ 
schiede in der Weise entgegengesetzt sind, dass sie sich, analog wie ent¬ 
gegengesetzte Phasen eines Bewegungsvorganges, vollständig compensiren 
können. 4) Jeder photochemische Erregungsvorgang überdauert eine ge¬ 
wisse Zeit die Reizung und erschöpft die Erregbarkeit der Sinnessubstanz 
für den stattgefundenen Reiz. Aus der unmittelbaren Nachwirkung der 
Reizung erklärt sich das positive und gleichfarbige, aus der Erschöpfung 
das negative und complementäre Nachbild. 
Die in Fig. 139 gegebene graphische Darstellung erläutert die hier 
vorausgesetzte Abhängigkeit der beiden Erregungsvorgänge von der Schwin¬ 
gungsamplitude. Die wachsenden Größen der letzteren bei irgend einer 
monochromatischen Reizung werden durch die auf ax aufgetragenen Ab- 
scissen versinnlicht. Wir setzen der Einfachheit wegen voraus, die achro¬ 
matische Erregung wachse von der Reizschwelle b an proportional der 
Lichtstärke, sie werde also durch die Gerade bw dargestellt. Dann liegt 
zunächst, da die schwächsten Reize nur farblose Erregung verursachen, 
die Schwelle der chromatischen Reizung bei einer etwas größeren Licht¬ 
stärke c. Von da an wird das weitere Wachsthum der chromatischen 
Reizung durch die Curve er dargestellt, die anfangs sehr schnell ansteigt, 
dann aber bald einem Maximum zustrebt, von dem an sie, bei fortan 
wachsender achromatischer Reizung, etwa der Abscissenlinie parallel bleibt. 
Die Abhängigkeit der Sättigung v on der Reizstärke findet demzufolge in der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.