Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Lichtempfindungen. 
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Intensität, in welcher die Nachwirkungen der Erregung sich geltend 
machen 3). 
Die Nachbilderscheinungen können endlich dann noch einen verwickel- 
teren Verlauf darbieten, wenn der Lichtreiz nicht einfarbig sondern ge¬ 
mischt war. In diesem Fall dauert nämlich die Erregung nicht immer in 
der gleichen Lichtbeschaffenheit an, sondern es tritt ein Farbenwandel ein, 
welcher darauf hinweist, dass die verschiedenen Farben, aus denen sich 
das gemischte Licht zusammensetzt, Netzhautreizungen von verschiedenem 
Verlauf hervorbringen. Wir wollen diese Erscheinung als farbiges Ab¬ 
klingen kurz dauernder Licht r ei zun gen bezeichnen1 2). 
Schließt man nach momentanem Anblicken eines hell leuchtenden 
weißen Objects das Auge, so wandelt sich das anfänglich positive weiße 
Nachbild durch Blau, Violett, Roth in das negative graue Nachbild um 3). 
Eine ähnliche Erscheinung wird am Farbenkreisel beobachtet, wenn man 
der Scheibe desselben abwechselnd schwarze und weiße Sectoren gibt 
und eine Umdrehungsgeschwindigkeit wählt, bei welcher dieselben noch 
nicht zu einem gleichmäßig grauen Eindruck zusammenfließen. Man sieht 
dann ein farbiges Flimmern, indem bei mäßiger Geschwindigkeit jedem 
schwarzen Sector eine röthliche Färbung vorangeht und eine bläuliche oder 
grünliche nachfolgt; bei etwas größerer Rotationsgeschwindigkeit dehnt 
sich die röthliche Färbung vollständig über die weißen, die blaue über 
die schwarzen Sectoren aus4). Diese Erscheinungen erklären sich, wenn 
man annimmt, dass der Verlauf der Erregung von der Wellenlänge des 
Lichtes abhängig ist, und zwar muss die rothe Erregung anfänglich am 
schnellsten sinken, worauf sie dann aber lange Zeit braucht, um vollständig 
zu verschwinden. Die grüne Lichtreizung muss dagegen anfangs am lang¬ 
samsten und zuletzt am schnellsten abnehmen, während die violette ein 
mittleres Verhalten darbieten wird5). Eine andere Erklärung fordert das 
1) Hering (Zur Lehre vom Lichtsinn. Wien 1878, S. \ 4, 48 u. f.) hat hervorge¬ 
hoben, dass die Auffassung des negativen Nachbildes als einer Ermüdungserscheinung 
in vielen Fällen nicht zureiche. Alle von Hering angeführten Beispiele lassen sich aber 
leicht aus dem Contrast ableiten, dessen Einmengung in die Nachbilderscheinungen 
allerdings nicht übersehen werden darf. 
2) Gewöhnlich wird sie »farbiges Abklingen der Nachbilder« genannt. Die obige 
Benennung scheint mir aber zweckmäßiger, um das Zusammenwerfen mit andern Nach¬ 
bilderscheinungen zu vermeiden, da die kurze Dauer der Reizung bei den Versuchen, 
die uns hier speciell beschäftigen, durchaus wesentlich ist. 
3) Fechner, Poggendorff’s Annalen, L, S. 445. 
4) Fechner, ebend. XLV, S. 227. 
5) Helmholtz, Physiol. Optik, S. 372. Helmholtz bezieht, indem er auch hier die 
Young’sehe Hypothese anwendet, die Erscheinungen auf einen verschiedenen Erregungs¬ 
verlauf in den roth-, grün- und violettempfindenden Nervenfasern. Wir haben die 
Erklärung von dieser Hypothese unabhängig gemacht, da sich sehr wohl auch ohne die 
An nehme specifischer Nervenfasern oder Sehstoffe ein von der Wellenlänge abhängiger 
Verlauf der Erregung in der oben angedeuteten Weise denken lässt.
	        
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