Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Lichtempfindungen. 
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Größe, so ist klar, dass dieselbe dem nach zwei Dimensionen construirten 
Continuum der Farben die dritte hinzufügt. Beschränkt man sich auf die 
unser gewöhnliches Empfindungssystem vollständig darstellende ebene 
Farbentafel, wie sie nach der Abstufung der Farben in Ton und Sättigung 
oder nach dem Mischungsgesetze construirt werden kann, so lässt sich 
die einer jeden Lichtqualität entsprechende Abstufung der Intensität als 
eine der Farbentafel an der betreffenden Stelle aufgesetzte senkrechte Linie 
darstellen. Nehmen wir die einfachste Form, den Kreis, und beginnen 
wir mit dem das Weiß darstellenden Mittelpunkt (Fig. 130, S. 449), so 
wird also die hier aufgesetzte Senkrechte alle Stufen des Weiß durch Grau 
bis zum Schwarz andeuten. Wollte man ein Maßprincip zu Grunde legen, 
so würde man auch hier die minimalen Unterschiede als Maßeinheiten 
betrachten können. Die in dieser Beziehung für die Stärke des weißen 
Lichtes sowohl wie der einzelnen Farben gefundenen Werthe sind schon 
bei der Erörterung der Intensität der Empfindung (S. 363 f.) angeführt 
worden. Nach den dort mitgetheilten Zahlen ist die Unterschiedsempfmd- 
lichkeit für die Farbenintensität im Roth am kleinsten (V14) und nimmt 
dann stetig bis zum Violett zu 
268/; 
): 
während gleichzeitig die Unterschieds¬ 
empfindlichkeit für gemischtes Licht einen zwischen diesen Extremen in 
der Mitte liegenden Werth zu haben scheint. 
Versucht man es nun, die Intensitätsabstufungen aller Farben und 
ihrer Mischungen als eine der Farbenfläche hinzugefügte Höhendimension 
zu behandeln, so stellt sich aber alsbald heraus, dass diese Construction 
nicht für jede Qualität unabhängig durchgeführt werden kann. Die Em¬ 
pfindung Both z. B. wird bei Abschwächung der Lichtintensität nicht bloß 
in ihrer Stärke sondern immer zugleich in ihrem Farbenton und in ihrer 
Sättigung vermindert, bis sie endlich in Schwarz, also in dieselbe Empfin¬ 
dung übergeht, welche der geringsten Intensität des weißen Lichtes ent- 
spricht. Das nämliche zeigt sich bei allen andern Farbenempfindungen, 
welchen Ton und welchen Sättigungsgrad sie auch besitzen mögen. Nur 
die Grenze der Lichtstärke, bei welcher der qualitative Unterschied der 
Empfindung aufhört, ist für die einzelnen Farben eine verschiedene, indem 
die Farben von mittlerer Wellenlänge (Gelb. Grün) bei größerer Vermin¬ 
derung der Beleuchtung noch farbig empfunden werden als die an dem An¬ 
fang und Ende des Spektrums gelegenen, während von diesen die Farben des 
rothen Endes noch bei geringerer Lichtstärke erkannt werden als diejenigen 
des violetten1). Das System der Farbenempfindungen kann daher, wenn man 
■1} Aubert, Physiologie der Netzhaut, S. 125, und Grundzüge der physiol. Optik, 
S. 535 (Versuche von Landolt). Chodin, Die Abhängigkeit der Farbenempfindungen 
von der Lichtstärke. Jena 1 877, S. 3 f. Charpentier, Compt. rend., XCI, p. 1 075. 96, 
p. 858, 1079. Werden Punkte farbig erleuchtet, so gilt übrigens, vie Charpentier
	        
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