Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Lichtempfindungen. 
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Ein in der Richtung der aus dem Prisma austretenden Strahlen blickendes 
Auge nimmt diese Farbenreihe unmittelbar als ein subjectives Spektrum 
wahr. Bringt man an Stelle des Auges eine Sammellinse von geeigneter 
Stärke und hinter dieser einen weißen Schirm an. so wird auf dem letz- 
/ 
teren ein objectives Spektrum in Form eines farbigen Bandes entworfen. 
Durch wiederholte Brechung in mehreren hinter einander aufgestellten 
Prismen lassen sich die einzelnen Spektral färben noch vollständiger von 
einander isolirenJ). Alle auf anderem Wege, nicht durch Zerlegung des 
Sonnenlichtes, gewonnenen Farben besitzen keine vollständige Sättigung, 
so also namentlich auch diejenigen, welche in Folge der Absorption ent¬ 
stehen, die gewisse Strahlen des weißen Lichtes bei der Brechung und 
Reflexion erfahren. Von farbigen Gläsern oder farbigen Pigmenten kommt 
daher immer Licht verschiedener Brechbarkeit, wie durch Zerlegung solchen 
Lichtes mittelst des Prismas sich zeigen lässt. 
Die einfachen Farben des prismatischen Spektrums bilden eine Reihe 
stetig in einander übergehender Empfindungen. Die Mannigfaltigkeit der 
einfachen Farben kann demnach, ähnlich der Tonreihe, durch eine Linie 
dargestellt werden. Jede qualitativ bestimmte Farbenempfindung bildet 
einen Punkt dieser Linie, von welchem man stetig durch allmähliche 
Uebergänge zu jedem beliebigen andern Punkte derselben gelangen kann. 
Aber die Farbenlinie unterscheidet sich von der Tonlinie zunächst dadurch, 
dass eine bestimmte, den Abstufungen des äußeren Reizes entsprechende 
Stufenfolge der Empfindungen nicht nachweisbar ist. Eine Farbenscala, 
in dem Sinne wie es eine Tonscala gibt, existirt nicht2). Sodann zeigen 
die Farbenempfindungen die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, dass die 
zwei an den beiden Enden des Spektrums stehenden Farben, das Roth 
und Violett, in ihrer qualitativen Beschaffenheit sich wieder einander 
Roth 
(B) . . 
Wellenlänge 
. . 6878 . 
Schwingungszahl 
. . . 45 0 " 
Roth 
(C) . . 
. . 6564 . . 
... 472 
Gelb 
(D) . ■ 
. . 5888 . . 
... 526 
Grün 
(Ei • • 
5260 
... 589 
Blau 
(F) . . 
. . 4843 . . 
. . . 64 0 
Indigblau 
(G) . 
. . 4294 . . 
... 722 
Violett 
(ff) . . 
. . 3928 . . 
... 790 
Durch Abblendung des übrigen Spektrums lässt sich noch eine kleine Strecke jenseits 
der dunkeln Linie L, welche das gewöhnlich sichtbare Violett begrenzt, eine Farbe er¬ 
kennen, das Ultraviolett, welches bis zu einer Linie R reicht, die einer Wellenlänge 
von 34 08 (Schwingungszahl 94 2) entspricht. Das Roth lässt sich unter günstigen Um¬ 
ständen bis zu einer Linie A mit der Wellenlänge 764 7 (Schwingungszahl 44 2) erkennen. 
Im Spektrum des Rubidiumdampfes erscheinen aber noch etwas jenseits von A zwei 
intensiv rothe Linien. 
4) Die bezüglichen Methoden vgl. bei Helmholtz, Physiologische Optik, S. 26 4 ff. 
2) Wenn man trotzdem, wie es mehrfach geschehen ist (Newton, Optice lib. I, 
pars II, Tab. Ill, Fig. 44. Helmholtz, Physiol. Optik, Taf. IV, Fig. 4), eine Farbenscala 
entwarf, so stützte man sich daher lediglich auf physikalische Analogien, nicht auf die 
subjectiven Eigenschaften der Farbenempfindung.
	        
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