Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

L ichtempfindungen. 
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und für welches es sich überall nur um eine Schätzung von Y erhältnissen, 
nicht um eine Auffassung absoluter Unterschiede handeln könne. Diese beson¬ 
ders von Euler1) vertretene ältere Theorie ist hauptsächlich durch die von 
Helmholtz aufgestellte Theorie der Klangharmonie, welche als das bestimmende 
Moment für die Entstehung der musikalischen Intervalle die Klangverwandtschaft 
nachweist, verdrängt worden. In einer Beziehung ist aber auch hier noch eine 
Nachwirkung jener älteren Auffassung zu bemerken, insofern nämlich als 
Helmholtz ebenfalls Tonabstufung überhaupt und Abstufung nach musikalischen 
Intervallen für identisch hält und daher eine nicht von Klangverwandtschaft ge¬ 
leitete Abmessung von Tonunterschieden für unmöglich hält. In einer modi- 
ficirten Form hat Tn. Lipps die ältere Theorie wieder aufgenommen.2) Da er 
jedoch wesentlich nur von dem Bediirfniss einer befriedigenden Erklärung der 
Harmonie und Disharmonie ausgeht, so wird hierauf erst bei Erörterung der 
letzteren zurückzukommen sein. Hier ist nur hervorzuheben, dass Lipps’ An¬ 
nahme einer Abstufung der Tonhöhen nach dem unbewusst bleibenden, aber in 
seiner Endwirkung maßgebenden Rhythmus der Schwingungszahlen insofern einer 
Schwierigkeit begegnet, als nach den oben mitgetheilten Thatsachen neben der 
Abstufung nach rhythmischen Intervallen noch eine andere nach absoluten Schwin¬ 
gungsunterschieden existiren müsste, bei welcher letzteren, da sie auch bei ganz 
unharmonischen Intervallen stattfindet, an eine bewusste oder unbewusste Auf¬ 
fassung der SchwingungsVerhältnisse jedenfalls nicht zu denken ist. 
4. Lichtempfindungen. 
Unsere Lieh temp fin dun gen unterscheiden wir nach drei ver¬ 
änderlichen Bestimmungen: 1) nach der Qualität der Farbe oder dem 
Farbenton, 2) nach der Sättigung der Farbe oder der Farbenstufe, 
und 3) nach der Lichtintensität oder der Stärke der Empfindung. 
Unter der Färb en stufe verstehen wir den Grad, in welchem sich mit 
einer Farbenempfindung die farblose Lichtempfindung verbindet3). Wir 
nennen nämlich eine Farbe um so gesättigter, je weniger farbloses Licht 
(Weiß, Grau oder Schwarz) ihr beigemischt ist; das Weiß selbst nebst 
seinen Intensitätsabstufungen bis zum Schwarz kann in diesem Sinne als 
der geringste Sättigungsgrad einer jeden Farbe betrachtet werden. Von 
den genannten drei Modalitäten der Lichtempfindung ist im allgemeinen 
die erste, der Farbenton, von der Wellenlänge, die zweite, die Farbenstufe, 
von der Beimengung von Licht anderer Wellenlänge, die dritte, die Licht- 
1) Nova theoria musicae, Cap. II. 
2) Lipps, Grundthatsachen des Seelenlebens. Bonn 1883, S. 238 ff. 
3) Au Bert (Grundzüge der physiologischen Optik, S. 517) hat zur Bezeichnung der 
Sättigung einer Farbe das Wort Farbennuance vorgeschlagen. Da aber dieses Wort 
seit langer Zeit von vielen Autoren im nämlichen Sinne wie Farbenton gebraucht wird, 
so sei es erlaubt statt dessen den solchen Verwechslungen minder ausgesetzten und 
vielleicht auch an und für sich bezeichnenderen Ausdruck Farben stufe zu ge¬ 
brauchen.
	        
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