Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Schallempfindungen. 
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töne, also in der Regel nach der Ordnungszahl derselben, da bei den meisten 
musikalischen Klängen die Stärke der Obertöne mit der Höhe abnimmt. End¬ 
lich können noch die Combinationstöne unter einander oder mit den pri¬ 
mären Tönen Schwebungen bilden. Zu Schwebungen der Obertöne geben 
gerade solche Klangintervalle leicht Anlass, welche sich einem einfachen 
Yerhältniss der Schwingungszahlen annähern, ohne aber dasselbe vollstän¬ 
dig zu erreichen. Jenen einfachen Intervallen entsprechen nämlich regel¬ 
mäßig übereinstimmende Obertöne. So ist z. B. für das Yerhältniss 
Grundton und Quinte (c : g) die Duodecime des Grundtons [g) zugleich die 
Octave der Quinte, also ein coincidirender Oberton beider Klänge. Werden 
nun die beiden Töne um einige Schwingungen verstimmt, so werden des¬ 
halb zwischen den beiden Grundtönen keine Schwebungen bemerkt, aber 
die Obertöne g sind für beide Klänge nicht mehr identisch, sie müssen 
daher Schwebungen mit einander bilden, deren Zahl genau der Anzahl 
von Schwingungen entspricht, um welche die beiden Grundtöne von ein¬ 
ander ab weichen. In einem ähnlichen Verhältniss stehen noch weitere 
Obertöne der beiden Klänge. So findet man z. B. für das Yerhältniss 
Grundton und Quinte, dass außer der Duodecime oder dem dritten Partial¬ 
ton des Grundtons noch der 5te, 7te, 9te u. s. w. mit dem 4ten, fiten 
8ten u. s. wr, der Quinte zusammenfällt. Alle diese Obertöne bilden daher 
auch, sobald sie nicht mehr genau coincidiren, Schwebungen. Mehrere 
neben einander herlaufende Klänge müssen also um so genauer in ihren 
Grundtönen auf harmonische Intervalle gestimmt sein, je mehr sie von 
Obertönen begleitet sind. Die Rauhigkeit der Obertöne ist deshalb das 
hauptsächlichste Mittel, um Klänge nach harmonischen Intervallen zu stim¬ 
men, ein Umstand, welcher die Verwechslung dieser Begriffe theilweise 
erklärt1). 
Eine weitere Erscheinung, durch welche namentlich bei den tieferen 
Tönen die Zusammenklänge eine verwickeltere Beschaffenheit annehmen 
können, besteht darin, dass sich die Schwebungen ebenfalls zu einem 
Tone verbinden. Es geschieht dies immer dann, wenn erstens ihre Zahl 
so groß ist, dass die untere Grenze der Tonempfindungen erreicht wird, 
und wenn zweitens die zusammenklingenden Töne eine hinreichende Stärke 
besitzen. Es entstehen dann die von R. König untersuchten Stoßtöne2). 
Sie sind nichts anderes als Schwebungen, welche gleichzeitig den Ton¬ 
charakter besitzen, und welche die tieferen Combinationstöne, mit denen 
sie zum Theil zusammenfallen, wesentlich verstärken können. Da sie 
nur entstehen, so lange deutliche Schwebungen existiren, so sind sie bei 
1) lieber die Schwebungen der Obertöne bei verschiedenen Intervallen vgl. Helm¬ 
holtz a. a. O. S. 287 f. 
2) R. König, Pogg. Ann., CLVII, S. 193 f. Wiedemann’s Ann., XII, S. 335.
	        
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