Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Qualität der Empfindung. 
lasst ist. Die Wahl der in der musikalischen Scala enthaltenen Tonstufen 
dagegen beruht nicht auf dem unmittelbaren Maß der Empfindungen. Sie 
ist. wie wir später sehen werden, durch die Gesetze der Consonanz und 
Harmonie bestimmt, welche ihrerseits wieder von der Zusammensetzung 
der Klänge aus Theiltönen abhängen. 
Die Tonreihe bildet ein Continuum von einer Dimension. Wir 
können sie uns durch eine Linie versinnlichen, am einfachsten durch eine 
Gerade von unbestimmter Ausdehnung. Ihre beiden Endpunkte sind die 
untere und die obere Grenze der Tonhöhen. Beide Grenzen sind rein 
physiologische, sie wechseln bei verschieden organisirten Wesen, ja sogar 
bei verschiedenen Individuen derselben Art, denn sie sind abhängig von 
der wechselnden Abstimmung der mit der Acusticusendigung verbundenen 
Einrichtungen. Berücksichtigt man gleichzeitig die Intensität der Empfin¬ 
dung, so wird aus der Tonlinie ein Continuum von zwei Dimensionen, 
das am einfachsten in der Form einer Ebene sich darstellen lässt. In 
unserm Bewusstsein hat außerdem als dritte Dimension der Tonempfin¬ 
dungen deren zeitliche Dauer eine wesentliche Bedeutung. Aber da die 
Zeitanschauung erst aus der gegenseitigen Beziehung wechselnder Empfin¬ 
dungen entspringt, so wird hierauf erst bei der Verbindung der Tonempfin¬ 
dungen zu zusammengesetzten Vorstellungen näher einzugehen sein. 
Zur Untersuchung der Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen benutzt man 
am zweckmäßigsten Stimmgabeln, die auf einem auf ihren Grundton abge¬ 
stimmten, an der einen Seite offenen 
Resonanzraum aus Holz befestigt 
sind (Fig. 12 6). Solche Gabeln 
bieten den Vortheil dar, dass ihr 
/ 
Klang unter allen musikalischen 
Klängen am meisten dem ein- 
f a c hen, pendelartigen Schwin¬ 
gungen entsprechenden Ton sich 
nähert. Zur Bestimmung der Un¬ 
terschiedsschwelle bedarf man für 
jeden zu untersuchenden Ton 
zweier nahezu gleichgestimmter 
Gabeln, von denen die eine, die 
Normalgabel, constante Stimmung 
hat, während die andere, die Ver¬ 
gleichsgabel , mittelst zweier an 
einer Millimeterscala ihrer Branchen 
laufenden kleinen Gewichte um be¬ 
liebig kleine Schwingungsditferen- 
zen gegen die Normalgabel verstimmt werden kann. Wählt man die Methode 
der Minimaländerungen, so wird dann in der auf S. 3 50 angegebenen Weise 
verfahren, indem man immer in gleichen Pausen die Gabeln mit einem Clavier-
	        
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