Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Schallempfindungen. 
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empfindungen deshalb undeutlich wnhrgenommen, weil vermöge der oben 
erwähnten objectiven Entstehung der Geräusche aus sich störenden Ton¬ 
bewegungen die vorhandenen Klangempfindungen nicht stetig andauern 
sondern nur in der Form einzelner sehr kurze Zeit dauernder Tonstöße 
auftreten. Diese Intermissionen der begleitenden Klangempfindung ver¬ 
leihen allen dauernden Geräuschen den Charakter des Unstetigen gegen¬ 
über der stetigen Ton- und Klangempfindung. 
Unsere Gehörempfindungen folgen also in dieser Beziehung treu dem 
Verlauf der äußeren Reizbewregung: die gleichmäßig andauernde Schwin¬ 
gungsbewegung empfinden wir als stetigen Klang, die unregelmäßig 
wechselnde als unstetiges Geräusch; die regelmäßig periodische Schwin¬ 
gungsbewegung, den Klang, zerlegen wir in die pendelartigen einfachen 
Schwingungen, die Töne, aus denen sie besteht, und bis zu einem ge¬ 
wissen Grade, insoweit nämlich begleitende Tonempfindungen existiren, 
sogar die unregelmäßig periodische Bewegung, das Geräusch, in regel¬ 
mäßig periodische Schwingungen, Klänge. Man könnte denken, und hat 
dies in der That zuweilen geglaubt, diese Analyse entspreche in einem 
gewissen Sinne zwar der Zergliederung, wie sie mathematisch ausgeführt 
werden kann, nicht aber einer in der Natur vorhandenen Scheidung. 
Denn hier existiren nur die zusammengesetzten Schwingungsbahnen der 
Theilchen, nicht die einzelnen pendelartigen Schwingungen. Dennoch sind 
die letzteren in der zusammengesetzten Bewegung insofern enthalten, als 
diese wirklich aus Anstößen hervorgeht, von denen jeder einzelne eine 
einfache pendelartige Schwingung erzeugen wTlrde. Das Ohr analysirt 
hier allerdings vollkommener als das Auge, welches z. B. bei Beobach¬ 
tung einer Wasserwelle von einer solchen Addition der Schwingungen 
nichts wahrnimmt, aber es legt nichts in den objectiven Vorgang hinein, 
was nicht in diesem selbst schon 'enthalten wäre. Nur in einer Be¬ 
ziehung bleibt die Empfindung hinter dem äußern Vorgang zurück: der 
regelmäßig periodischen Schwingung folgt sie als eine stetige, nicht als 
eine auf- und ab wogende Qualität, ausgenommen bei den tiefsten musi¬ 
kalischen Tönen, bei denen wir die einzelnen Schwingungen noch unter¬ 
scheiden können. 
Den Charakter von einfachen Klängen !oder von Tönen im physiolo¬ 
gischen Sinne haben nur w enige der auf musikalischem Wege erzeugbaren 
Klänge in mehr oder minder vollständigem Grade, und selbst bei solchen 
Klängen, welche, wie die der Stimmgabeln auf Resonanzräumen oder der 
Labialpfeifen der Orgel, objectiv ziemlich genau pendelartigen Schwingun¬ 
gen entsprechen, führt die Structur des Gehörorgans Bedingungen mit sich, 
welche bewirken, dass die zu den Enden des Hörnerven gelangenden 
Schwingungen nicht mehr vollkommen einfach sondern mit schwachen
	        
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