Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Empfindlingen des Gefühlssinns. 
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die eine derselben bis zu einem gewissen Grade constant zu erhalten, 
während sich die andere verändert, so ist doch eine völlig isolirte Be¬ 
obachtung beider unmöglich, da mit jeder Contractions- oder Lageempfin¬ 
dung irgend eine Kraftempfindung verbunden ist und umgekehrt. Ohne 
Zweifel ist diese Verbindung zugleich der Anlass zu einer nicht selten 
bemerklichen Vermengung beider bei ihrer Verwerthung zu Vorstellungen. 
Bei der Erhebung eines ungewöhnlich großen Gewichts sind wir geneigt 
die Erhebun^shöhe zu überschätzen. In noch höherem Maße beobachtet 
man solche Täuschungen in paretischen Zuständen, wo bei der Bewegung 
eines halb gelähmten Gliedes nicht nur die Empfindung einer außerordent¬ 
lichen Schwere desselben, also eine gesteigerte Kraftempfindung, vorhanden 
ist, sondern meistens zugleich der Umfang der Bewegungen mehr oder 
weniger erheblich überschätzt wird. 
Wesentlich verschieden von diesen die Bewegungsvorstellungen con- 
stituirenden Empfindungen der Energie und des Umfangs der Bewegungen 
verhält sich die Ermüdungsempfindung der Muskeln, die in den 
verschiedensten Gradabstufungen Vorkommen und schließlich bis zum 
Muskelschmerze sich steigern kann. Dem Ermüdungsschmerz verwandt 
sind aus andern Anlässen, z. B. bei Verletzungen, bei rheumatischen Ent¬ 
zündungen, auftretende Muskelschmerzen. Alle diese Empfindungen ge¬ 
hören wegen ihrer bloß subjectiven Bedeutung zu den Gemeinempfindungen, 
und unter ihnen ist wieder die Ermüdungsempfindung von besonderer 
Wichtigkeit, indem von der Intensität, mit der sich dieselbe im Verhält- 
niss zu ihren äußeren Anlässen geltend macht, unser allgemeines körper¬ 
liches Befinden in erster Linie beeinflusst wird. Das Schwächegefühl der 
Kranken und Altersschwachen ist wahrscheinlich zum großem Theil Ge¬ 
fühl der Muskelermüdung. 
Gegenüber so vielgestaltigen Empfindungen, welche an die Bewegung 
geknüpft sind, bald sie begleitend bald als ihre Nachwirkungen zurück- 
bleibend, drängt sich beinahe von selbst die Vermuthung auf, es möchten 
wohl jene Empfindungen, die wir wegen ihres Gebundenseins an die Be¬ 
wegungsorgane allesammt unter den Bewegungsempfindungen zusammen¬ 
fassen, sehr verschiedene Quellen haben. Nichts desto weniger hat sich 
innerhalb der Physiologie, wohl aus einem in diesem Fall verfehlten Streben 
nach Einfachheit der Erklärungen, meistens die Tendenz geltend gemacht, 
alle Bewegungsempfinclungen wo möglich aus einer Quelle abzuleiten. 
In dieser Absicht hat man sie entweder 1) auf Druckempfindungen 
der Haut zurückzuführen gesucht, oder man hat in ihnen 2) specifische 
Muskel empf in düngen gesehen, welche, von sensibeln Apparaten und 
Nerven im Innern der Muskeln abhängig, gewissermaßen als Empfindungen 
eines sechsten Sinnes, des Muskelsinnes, zu betrachten seien; endlich hat
	        
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