Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Intensität der Empfindung. 
5) Geschmacksempfindungen. Von den Empfindungen der 
beiden niederen chemischen Sinne gestattet höchstens der Geschmackssinn 
eine Untersuchung in Bezug auf die gegenseitigen Beziehungen der Reiz- 
und Empfindungsstärke. Hier fand W. Camerer in Versuchen mit Koch¬ 
salz- und Chininlösung, die er nach der Methode der richtigen und falschen 
Fälle ausführte, das WEBER'sche Gesetz in zureichender Annäherung bestätigt, 
Als ein störender Factor der Beobachtungen, welcher daher möglichst 
fernzuhalten war, erwies sich der Contrast verschiedener Empfindungen 
mit einander. Bei größerer Concentrationsänderung der Lösungen soll nach 
Fr. Kepler mit wachsender Concentration die Unterschiedsempfindlichkeit 
bei Sauer und Süß ab-, bei Salzig und Bitter dagegen zunehmen; doch 
ist es wahrscheinlich, dass dieses Ergebniss in bleibenderen physiologi¬ 
schen Veränderungen der Geschmacksfläche seinen Grund hat1 . Außer- 
dem liegen Beobachtungen über die Reizschwelle des Geschmackssinnes 
gegenüber verschiedenen schmeckbaren Stoffen vor. Aus denselben er¬ 
gibt sich, dass eine Zuckerlösung eoneentrirler sein muss als eine Koch¬ 
salzlösung, und dass in noch stärkerer Verdünnung bittere und saure Stolle 
geschmeckt werden2). Aber da der Procentgehalt einer Lösung keinen 
Maßstab abgibt für die chemische Reizintensität, so haben diese Beobach¬ 
tungen nur einen beschränkten physiologischen Werth. Bestätigt hat sich 
übrigens auch hier die von Weber bei den Temperaturempfindungen er¬ 
mittelte Thatsache, dass bei gleich bleibender Reizstärke die Deutlichkeit 
der Empfindung zunimmt mit der Größe der gereizten Oberfläche. 
Ueberblicken wir hiernach die Gesammtheit der für die verschiedenen 
Sinnesgebiete gemachten Ermittelungen, so lässt sich nicht verkennen, dass 
überall, wo überhaupt die Verhältnisse der Reizstärke und der Reizein- 
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Valentin, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. 2. Aufl. Braunschweig 4 848, 
eine Angabe, die Weber s eigenem Gesetz direct widerstreiten würde, kein be¬ 
sonderes Gewicht zu legen, da Weber’s Bestimmungen nur approximative waren und 
bei ihnen wegen der successiven Vergleichung der verschieden temperirten Flüssig¬ 
keiten mit dem nämlichen Finger die Nachwirkungen der Temperaturreize in hohem 
Grade störend sein mussten. 
4) W. Camerer, Pflüger s Archiv, II, S. 322, Zeitschrift für Biologie, XXI, S. 57 0. 
Fr. Kepler, Pflüger’s Archiv, II, S. 4 49. 
2) 
II, 2. Eine Zusammenstellung weiterer Versuche vergl. bei C. Gley, Art. Gustation. 
Diet, encycl. des sciences méd. dir. par Dechambre. 4. sér. XI, p. 580. Erwähnt seien 
hier einige Zahlen von Valentin, da sie sich über eine größere Zahl von Geschmacks- 
stoffen erstrecken. Hiernach muss eine Lösung enthalten von Zucker Kochsalz 
i/426, Schwefelsänre Vioooo? Chinin 1 /33000, wenn eine deutliche Empfindung entstehen 
soll. Es ist von einigem Interesse hiermit die Empfindlichkeit des Geruchssinns 
zu vergleichen. Sie ist, auch wenn sich die Geruchsstoffe in wässeriger Lösung be¬ 
finden, bedeutend größer. So gibt nach Aronsohn (Pflüger’s Archiv, XL, S. 324) eine 
Lösung von 0,00004 proc. Nelkenöl und eine solche von nur 0,0000003 proc. Brom eine 
Geruchsempfindung. Entsprechend fand Valentin Vioooo nigr Nelkenöl und V30000 nigr 
Brom in 4 ccm Luft noch riechbar.
	        
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