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Intensität der Empfindung.
auf das Gewicht des hebenden Armes keine Rücksicht genommen wurde.
Das nämliche gilt von Versuchen, die in neuerer Zeit Biedermann und Löwit
unter Hering’s Leitung nach der nämlichen Methode ausführten, und in
denen sie Weber’s Resultate nicht bestätigen konnten ').
Den Untersuchungen Uber die Unterschiedsempfindlichkeit für Druck¬
größen treten die Ermittelungen über die geringsten absoluten Gewichte,
welche noch empfunden werden, ergänzend zur Seite. Aubert und
Kammler 2) fanden diese Druckreizschwelle am kleinsten für Stirn, Schläfen
und Dorsalseite der Vorderarme und Hände, nämlich = 0,002 Grm. Sie
stieg an der Volarseite des Vorderarms auf 0,003, an Nase, Lippen, Kinn
und Bauch auf 0,005, an der Volarfläche der Finger variirte sie zwischen
0,005 und 0,015, auf den Fingernägeln und an der Fersenhaut erreichte
sie sogar I Grm. Diese Zahlen machen es sehr wahrscheinlich, dass die
Variationen der Reizschwelle hier einzig und allein von der Dicke der die
sensibeln Nervenendigungen bedeckenden Oberhaut abhängen.
Ueber die Unterscheidung gehobener Gewichte wurden umfangreiche
Versuche von Fechner nach der Methode der richtigen und falschen Fälle
ausgeführt. Zwei Gewichte von übereinstimmender Größe P befanden sich
unverrückbar befestigt in zwei mit Handgriffen versehenen geschlossenen
Gefäßen; zu deren einem wurde das Zusatzgewicht D, welches meist = 0,04
und = 0,08 P war, hinzugefügt, Hebungszeit und Hebungshöhe blieben
constant. Entweder wurde nur eine Hand, oder es wurden beide Hände
zur Hebung benutzt, während überdies durch den regelmäßigen Wechsel
der Zeitfolge der Hebungen und der Lage des Zusatzgewichtes möglichst
auf die Elimination constanter Miteinflüsse Bedacht genommen war. Die
Versuche zeigten, dass die einem und demselben relativen Reizzuwachs
entsprechenden Werthe von — und demgemäß auch die Werthe der Unter¬
schiedsschwelle bei mäßigen Gewichtsgrößen ziemlich constant blieben,
1) Hering, Ueber Rechner’s psychophysisches Gesetz, S. 33 f. Auch über die Druck¬
empfindlichkeit haben die nämlichen Beobachter Versuche ausgeführt (ebend. S. 36;.
Bei denselben fielen Gewichte aus sehr großer Höhe auf eine Fingerspitze. Hering
theilt hier nur das Resultat mit, dass die Ergebnisse nicht mit dem WEBER’schen Ge¬
setz übereinstimmten. Doch ist nicht angegeben, ob die Berührungsfläche der Gewichte
unverändert blieb, was unerlässlich ist und bei Weber’s Versuchen in der That der
Fall war (Tastsinn und Gemeingefühl S. 544). Zweckmäßiger noch als dieses Ver¬
fahren ist übrigens die zuerst von Dohrn (Zeischr. f. rat. Vied. 3. R. X, S. 337) an¬
gewandte Methode, welche darin besteht, dass an der einen VVagschale einer Wage
eine auf der Haut aufruhende Pelotte angebracht wird, worauf durch wechselnde Ent¬
lastung und Belastung der andern Wagschale der Druck vermehrt oder vermindert
werden kann. Vgl. über diese und andere namentlich zu pathologisch-diagnostischen
Zwecken angewandte Verfall rungsweisen Bastelberger, Experimentelle Prüfung der zur
Drucksinn-Messung angewandten Methoden. Stuttgart 1879,
2) Moleschott’s Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen, V, S. 145.