Das Weber’sche Gesetz.
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ausgeführten Beobachtungen leiden jedoch, wie Alfr. Lehmann zeigte, so sehr
unter dem Einfluss des Contrastes, durch den die Helligkeitsunterschiede
benachbarter grauer Ringe vergrößert erscheinen, insbesondere des Rand-
c ont rast es, durch welchen diese Unterschiede wieder besonders stark an
der Grenze der Ringe auftreten1), dass genauere Bestimmungen hierdurch un¬
möglich werden. Man kann nun den Contrast, wenn nicht ganz beseitigen,
so doch jedenfalls auf ein Minimum reduciren, wenn man in folgender Weise
verfährt : Drei rotirende Scheiben werden, wie es Fig. 118 im Grundriss zeigt,
V
c . .......—— !--c
d v h
Fig. 118.
neben einander aufgestellt. Die beiden äußeren Scheiben d und h bestehen
in jedem Versuch aus einem constanten Verhältniss schwarzer und weißer
Sectoren, so aber, dass die dunklere d und die hellere h um einen erheblich
übermerklichen Unterschied von einander entfernt sind. Die mittlere Scheibe v
dagegen kann in jedem Versuch so variirt werden, dass man sie durch stetige
Abstufung genau auf die Empfindungsmitte zwischen d und h einstellt. Außer¬
dem rotiren d und h jedes vor einem constanten Hintergrund c von annähernd
gleicher Helligkeit, v aber vor einem Hintergrund F, dessen Helligkeit fortwährend
entsprechend mit v verändert wird2). Die Beobachtungen, ausgeführt zwischen
d = 0° Weiß und h = 3 60° Weiß bei einer großen Reihe von Lichtunter¬
schieden zwischen h und d ergaben, wenn die von den Scheiben d, v und h
hergestellten Lichtintensitäten mit den entsprechenden Buchstaben bezeichnet
werden, eine annähernde Uebereinstimmung mit der durch das WEBEiüsche
cl v
Gesetz geforderten Relation — = —. Doch war diese Uebereinstimmung keine
gleich vollständige bei allen Reizstärken, sondern sie zeigte sich für gewisse
absolute Lichtstärken, die unter sich wieder eine geometrische Reihe bildeten,
am größten, und zwar waren dies regelmäßig diejenigen Lichtstärken, für welche
auch der gegenseitige Contrast der dunkeln und der hellen Scheibe ein Maximum
erreichte3). Diese Beobachtungen scheinen dafür zu sprechen, dass beim Ge¬
sichtssinn neben den unteren und oberen Abweichungen vom Webe röschen Ge¬
setze auch noch periodische Abweichungen Vorkommen, und sie weisen
außerdem auf eine Beziehung dieses Gesetzes zu den Contrasterscheinungen
hin, auf welche wir bei den letzteren noch zurückkommen werden. (Vergl.
Cap. IX, 4.)
Die obigen Beobachtungen beziehen sich sämmtlich auf die Unterschieds¬
empfindlichkeit für die Intensität des farblosen Lichtes. Für einfarbige
Strahlen weicht dieselbe beträchtlich ab je nach der Wellenlänge derselben;
zugleich aber scheinen hierbei ziemlich große individuelle Schwankungen vor¬
zukommen. So fand Dobrowolsky4) für Roth yi4, Gelb 1/46, Grün 1/59? Blau Vi32?
1) Vgl. die unten in Cap. IX, 4 folgenden Erörterungen über den Contrast.
2) Alfr. Lehmann, Phil. Stud. Ill, S. 499. Neiglick ebend. IV, S. 32.
3) Neiglick a. a. O. S. 84. Hierzu meine Bemerkungen ebend. S. 112.
4) Archiv f. Ophthalmologie, XIII, 1. S. 7 4 f.