346
Intensität der Empfindung.
empfindlichbeit herausfordern. Aehnlich entspringt nun die folgende, vierte
Methode aus dem Verfahren der eben übermerklichen Reizunter¬
schiede; sie weicht aber zugleich von den drei vorangegangenen Methoden
dadurch wesentlich ab, dass bei ihr nicht die Reize nach der Empfindung
abgestuft werden, sondern dass man umgekehrt die Reizunterschiede con¬
stant lässt und untersucht, wie sich in zahlreichen Beobachtungen die
Empfindungen verhalten, die solchen constanten Reizunterschieden ent¬
sprechen.
4) Die Methode der richtigen und falschen Fälle. Lässt
man zwei Reize auf ein Sinnesorgan einwirken, die in einer einzelnen
Beobachtung eben merklich von einander verschieden erscheinen, so wird
in oft wiederholten Versuchen wegen der fortwährenden Schwankungen
der Unterschiedsempfindlichkeit und der sonstigen Einflüsse, welche nament¬
lich die Vergleichungen successiver Empfindungen unsicher machen, dieses
Resultat nicht constant bleiben, sondern es werden die Reize bald gleich
bald auch im umgekehrten Sinne verschieden erscheinen. Weiß nun der
Beobachter, dass die Reize, z. B. zwei successiv abgeschätzte Gewichte A
und B, verschieden sind, lässt man ihn aber ungewiss, welcher beider
Reize der stärkere sei, indem man bald A bald B zuerst einwirken lässt,
so wird er den Unterschied bald richtig bald falsch schätzen, bald über
die Richtung desselben zweifelhaft bleiben. In einer größeren Reihe von
Beobachtungen wird also auf eine gewisse Zahl richtiger eine gewisse Zahl
falscher und zweifelhafter Urtheile kommen. Das Verhältniss der richtigen
Fälle r zur Gesammtzahl n der Fälle, der Quotient
wird nun offenbar
um so mehr der Einheit
sich nähern, je mehr erstens der Reizunter¬
schied die Grenze des eben merklichen überschreitet, und je größer zwei¬
tens die Unterschiedsempfindlichkeit ist. Lässt man daher in verschiedenen
Beobachtungsreihen den Reizunterschied constant, so wird der Quotient
r
n
ein Maß der Unterschiedsempfindlichkeit sein. Doch kann dieser Quotient
nicht, wie der reciproke Werth des eben merklichen Unterschieds oder
des mittleren variabeln Fehlers, unmittelbar als Maß dienen. Denn ein
doppelt so großer Werth von — entspricht keineswegs etwa einer doppelt
so großen Unterschiedsempfindlichkeit, sondern diese wird dann doppelt
so groß sein, wenn der Zuwachs des Reizes, welcher denselben durch-
schnittlichen Werth von — herbeiführt, in dem einen Fall halb so groß
n 7 c
ist als in dem andern. Wenn z. B. bei Versuchen über die Druckempfin¬
dung in einer ersten Reihe ein Druck P-f-0,4 P, in einer zweiten P+0,2P