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Intensität der Empfindung.
Thatsache der innern Erfahrung. Nach der Intensität der Empfindungen
schätzen wir unmittelbar die Stärke der äußeren Sinnesreize. Erst die
physikalischen Untersuchungsmethoden gestatten eine genauere und von
der Empfindung unabhängige Messung der letzteren. Hierdurch entsteht
dann aber für die Psychologie die Aufgabe, zu ermitteln, inwiefern jene
unmittelbare Schätzung, welche wir mit Hülfe der Empfindungen
vornehmen, der wirklichen Stärke der Reize entspricht oder von ihr
ab weicht.
Das so festgestellte Verhältniss pflegt man als Beziehung zwischen
Reiz und Empfindung zu bezeichnen. Der Kürze wegen mag dieser
Ausdruck beibehalten werden. Es sei aber sogleich bemerkt, das der¬
selbe streng genommen unrichtig ist, da nur die Beziehung zwischen dem
Reiz und der Empfindungsschätzung bis jetzt unserer Messung
zugänglich ist, w ährend die Frage, w ie sich die Empfindungen unabhängig
von den bei ihrer Schätzung betheiligten Vorgängen der Auffassung und
Vergleichung verhalten mögen, durch die directe Untersuchung gar nicht
beantwortet werden kann. Ferner ist es klar, dass die Untersuchung der
Beziehung zwischen dem Reiz und der Empfindungssehätzung nur die
äußersten Endglieder einer Ivette von Beziehungen herausgreilt, welche
sämmtlich ermittelt werden müssten, um alle psychophysischen Bedingun¬
gen der Empfindungsstärke festzustellen. Zunächst w ird der physikalische
Reiz in die Sinneserregung, diese in die Nervenreizung, und die letztere
endlich in die centralen Vorgänge nrngewandelt, welche die Empfindung
begleiten. Ueber alle diese Vorgänge besitzen wir nur sehr geringe Auf-
Schlüsse. Die Ermittelung der Beziehung zwischen Reiz und Empfindung
bildet also erst den Anfang einer noch ziemlich weit aussehenden Unter-
suchung, und es ist unvermeidlich, dass die Resultate jener Ermittelung
gegenwärtig noch verschiedener Deutungen fähig sind.
Unter Maßmethoden der Empfindung versteht man nun solche
Methoden, welche bestimmt sind die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen
der Stärke der äußeren Sinnesreize und unserer Intensitätsschätzung der
entsprechenden Empfindungen festzustellen. Andere Maßmethoden gibt es
nicht, weil eine von unserer Schätzung unabhängige Messung der Empfin¬
dungen vielleicht für immer, und weil eine zureichende Messung der
physiologischen Reizungsvorgänge wenigstens für jetzt unmöglich ist. Dies
vorausgesetzt können der messenden Methodik auf diesem Gebiete zwei
Aufgaben gestellt werden. Die erste besteht in der Bestimmung der
Grenzwerthe, zwischen denen Veränderungen der Reizstärke
von Veränderungen der Empfindung begleitet sind, die zweite in
der Ermittelung der gesetzmäßigen Beziehungen zwischen Beiz-
kJ kJ kJ w
änderung und Empfindungsänderung.