Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Physiologische Mechanik der Nervensubstanz. 
ausführen zu können, so wiederholen sich an den beiden Zuckungen in 
stark vergrößertem Maßstabe jene Unterschiede, die uns bei der Reizung 
zweier verschieden weit vom Muskel entfernter Stellen des Bewegungs¬ 
nerven entgegengetreten sind (vgl. Fig. 78). Die Reflexzuckung tritt 
nämlich außerordentlich verspätet ein, und sie ist von viel längerer Dauer. 
Reizt man z. B. eine motorische und eine sensible Wurzel, die in gleicher 
Höhe und auf der nämlichen Seite in das Mark eintreten, und wählt man 
die beiden Reize so, dass die Zuckungshöhen gleich werden, so zeigen die 
zwei Curven den in Fig. 85 dargestellten Verlauf. Ein wesentlicher Unter¬ 
schied von den an verschiedenen Stellen des motorischen Nerven ausgelösten 
Zuckungen liegt hier nur darin, dass, um der Reflexzuckung die gleiche 
Höhe zu geben, nicht ein schwächerer, sondern ein stärkerer Reiz gewählt 
werden musste. Die Unterschiede im Verlauf der Erregung sind aber hier 
so bedeutend, dass sie ihren Charakter nicht ändern, wie man auch die 
Intensität der Reize wählen möge. Zwar nimmt mit der Verstärkung der 
Reize nicht nur die Höhe sondern auch die Dauer der Zuckungen zu, 
während sich die Zeit der latenten Reizung vermindert. Aber die 
schwächsten Reflexzuckungen zeigen immer noch eine verlängerte Dauer 
Fig, 85. 
und die stärksten einen verspäteten Eintritt, auch wenn man jene mit den 
stärksten und diese mit den schwächsten directen Zuckungen vergleicht1). 
Die Zeit, welche die Reizung braucht, um von einer sensibeln Wurzel 
bis in eine motorische zu gelangen, wird nun offenbar durch die Zeit- 
differenz zwischen dem Beginn der beiden Zuckungen, der directen und 
der reflectorischen, angegeben, und bei der Kürze der Nervenwurzeln wird 
nur ein verschwindender Theil dieser Zeit auf Rechnung der peripherischen 
Leitung zu setzen sein: wir können daher jene Zeitdifferenz einfach als 
die Reflexzeit bezeichnen. Zu ihrer Bestimmung wird man aber wegen 
der Abhängigkeit der latenten Reizungen von der Stärke der Reize 
wiederum, wie bei der Messung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit in den 
peripherischen Nerven, nur solche Versuche auswählen dürfen, in denen 
die Höhe der beiden Zuckungen gleich groß war. 
Dies vorausgesetzt lässt sich nun die Reflexzeit unter verschiedenen 
Bedingungen unterscheiden. Der einfachste Fall besteht in der schon in 
1) Nur in ganz seltenen Fällen zeigt sich bei maximaler Reflexerregung und mini¬ 
maler motorischer Reizung eine Ausnahme von dieser Regel, s. a. a. (V S. 21.
	        
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