Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Physiologische Mechanik der Nervensubstanz. 
In allen diesen Fällen hängt es übrigens von der Art der Prüfung al>, 
welche der einander widerstrebenden Wirkungen, ob die ei'regende oder 
hemmende, deutlicher nachweisbar ist. Durchweg sind schwache Reize 
günstiger zur Nachweisung der Hemmung, stärkere zur Nachweisung der 
Erregung. Prüft man aber den nämlichen Reizungsvorgang abwechselnd 
mit schwachen und mit starken Reizen, so ergibt sich, dass bei den 
meisten Reizunsen während des größten Theils ihres Verlaufs sowohl die 
erregenden wie die hemmenden Wirkungen gesteigert sind; denn 
in derselben Reizungsperiode, in welcher der Effect schwacher Prüfungs¬ 
reize ganz unterdrückt wird, kann der Effect starker Prüfungsreize ver¬ 
mehrt sein* 1). 
Um für das Verhältniss, in welchem in jedem Moment der Reizuugs- 
periode die hemmenden zu den erregenden Wirkungen stehen, ein gewisses 
Maß zu gewinnen, wird man hiernach am geeignetsten constant erhaltene 
Reize von mäßiger Stärke benutzen, die für Hemmung und Erregung 
ungefähr gleich empfindlich sind. Solche Versuche zeigen nun, dass der 
Reizungsvorgang, welcher sich nach Einwirkung eines momentanen Reizes, 
Fig. 81. 
z. B. eines elektrischen Stromstoßes oder einer mechanischen Erschütte¬ 
rung, entwickelt, folgenden Verlauf nimmt. Im Moment des Eintritts der 
Reizung und kurz nach demselben reaçirt der Nerv ear nicht auf den 
schwachen Prüfungsreiz: ob der letztere einwirkt oder nicht, der Vorgang 
läuft in der nämlichen Form ab2). Lässt man also zuerst einen Reiz R 
[Fig. 81), dann einen Reiz C und endlich die beiden Reize R, C gleich¬ 
zeitig auf die nämliche Stelle oder auf zwei von einander nicht allzuweit 
entfernte Stellen des Nerven einwirken, so fällt die im dritten Fall ge¬ 
zeichnete Zuckung R C genau mit der stärkeren der beiden Zuckungen R 
oder C, in unserm Beispiel (Fig. 81 Ä) mit R, zusammen. Derselbe Er¬ 
folg tritt ein, wenn man zwischen den Momenten a, b der Reizung nur 
eine sehr kurze Zeit verfließen lässt. Sobald aber diese Zwischenzeit um 
gen stattfinde. Das stärkere Ansteigen der Summationszuckung ist aber neuerdings 
auch von Kronecker und Stanley Hall constatirt worden (Archiv f. Physiologie 4 879, 
Supplementband S. i9f.j. Wegen der verwickelten mechanischen Bedingungen, die bei 
der Superposition von Zuckungscurven stattfinden, kann jedoch die stattfindende Er¬ 
regbarkeitszunahme nur mittelst der oben angewandten Methode der Ueberlastung er¬ 
schlossen werden. 
1) Mechanik der Nerven, I, S. \ 09 ff. 2) Ebend. S. 63 und 100.
	        
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