Verlauf der ReizungsVorgänge in der Nervenfaser.
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inductionsschlag. In den zwei nach einander ausgeführten Versuchen A
und B wurde jedesmal im Moment a der Strom geschlossen, und im Mo¬
ment b wirkte der Prüfungsreiz ein. Zuerst wurde in jedem Versuch die
Wirkung des Stromes ohne den Prüfungsreiz und dann die Wirkung des
letzteren ohne die vorausgegangene Stromesschließung untersucht: so
wurden die Zuckungen C und R, die in A und B völlig übereinstimmen,
erhalten. Dann wurde, nachdem bei a die Schließung erfolgt war, so¬
gleich bei b der Prüfungsreiz ausgelöst. Hier stellte sich nun in den Ver¬
suchen A und B ein völlig verschiedener Effect heraus: in A wurde bloß
eine Zuckung C gezeichnet, ganz so als wenn der Prüfungsreiz R gar nicht
eingewirkt hätte was durch RC— 0 angedeutet ist), in B fällt die Zuckungs-
curve in ihrem Anfang mit C zusammen, in einem dem Beginn der Zuckung
R entsprechenden Momente aber erhebt sie sich über C so sehr, dass die
Curve RC höher ist als die Curven R und C zusammengenommen. Aus
diesem Verhalten werden wir offenbar schließen dürfen, dass in A wäh¬
rend des Verlaufs der Reizung C eine starke Hemmung bestanden hat,
A
während in B entweder erregende Wirkungen überwogen oder gar keine
Veränderung der Reizbarkeit existirte. Die letztere Alternative lässt sich
am sichersten entscheiden, wenn man wieder in der vorhin angegebenen
Weise durch Ueberlastung die Zuckungen C und R auf null oder auf eine
minimale Höhe herabdrückt. Dieses Verfahren lehrte, dass in der That
im Versuch B die erregenden Wirkungen im Uebergewicht waren. Der
Unterschied in den Versuchsbedingungen von A und B bestand nun darin,
dass in A der Prüfungsreiz sehr nahe der vom constanten Strom gereizten
Strecke angebracht wurde, während er in B näher dem Muskel lag. Die
Versuche zeigen also, dass bei einem und demselben Reizungsvorgange
an der einen Nervenstrecke die hemmenden, an der andern die erregenden
Wirkungen überwogen1).
1) Versuche über die Superposition zweier Zuckungen hat zuerst Helmholtz aus¬
geführt (Monatsber. der Berliner Akad. -1854, S. 328). Er fand, im Widerspruch mit
dem oben verzeichneten Resultat, dass immer nur eine einfache Addition der Zuckun-