Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Einleitung. 
unserer inneren Wahrnehmung gegebenen Vorgänge entgegen, die wir, an 
diese Ausdrücke gebunden, im Ganzen kaum antasten können. Wohl aber 
ist die genaue Definition dieser Begriffe und ihre Einfügung in eine syste¬ 
matische Ordnung durchaus Sache der Wissenschaft. Wahrscheinlich haben 
die Seelenvermögen ursprünglich nicht bloß verschiedene Theile des innern 
Erfahrungsgebietes, sondern ebenso viele verschiedene Wesen bezeichnet, 
über deren Verhältniss zu jenem Gesammtvvesen, das man Seele oder 
Geist nannte, sich wohl keine bestimmte Vorstellung bildete. Aber die 
Substantialisirung dieser Begriffe liegt so weit zurück in den Fernen my¬ 
thologischer Naturanschauung, dass es einer Warnung vor der voreiligen 
Aufstellung metaphysischer Substanzen hier nicht erst bedarf. Trotzdem 
hat eine Nachwirkung der mythologischen Auffassung bis in die neuere 
Wissenschaft sich vererbt. Sie besteht darin, dass den genannten Be¬ 
griffen noch eine Spur dos mythologischen Kraftbegriff's anhaftet: sie wer¬ 
den nicht bloß als Glassenbezeichnungen für bestimmte Gebiete der innern 
Erfahrung angesehen, was sie in der That sind, sondern man hält sie 
vielfach für Kräfte, durch welche die einzelnen Erscheinungen hervorge¬ 
bracht werden. Der Verstand gilt für die Kraft, durch welche wir Wahr¬ 
heiten einsehen, das Gedächtniss für die Kraft, welche Vorstellungen zu 
künftigem Gebrauche aufbewahrt u. s. w. Der unregelmäßige Eintritt 
dieser Kräftewirkungen hat aber auf der andern Seite gegen den Namen 
einer eigentlichen Kraft Bedenken erregt, und so ist der Ausdruck Seelen- 
vermögen entstanden. Denn unter einem Vermögen versteht man dem 
Wortsinne nach eine solche Kraft, die nicht nothwendig und unabänder¬ 
lich wirken muss, sondern die nur wirken kann. Der Ursprung aus 
dem mythologischen Kraftbegriff- fällt hier unmittelbar in die Augen. Das 
Urbild für das Wirken einer derartigen Kraft ist offenbar das menschliche 
Handeln. Die ursprüngliche Bedeutung des Vermögens ist die eines han¬ 
delnden Wesens. So liegt schon in der ersten Bildung der psychologischen 
Begriffe der Keim zu jener Vermengung von Classification und Erklärung, 
welche einen gewöhnlichen Fehler der empirischen Psychologie bildet. 
Die all gemeine Bemerkung, dass die Seelenvermögen Classenbegriffe sind, 
welche der beschreibenden Psychologie zugehören, enthebt uns der Noth- 
wendigkeit, ihnen schon hier ihre Bedeutung anzuweisen. In der That 
ließe sich eine Naturlehre der innern Erfahrung denken, in der von Sinn¬ 
lichkeit, Verstand, Vernunft, Gedächtniss u. s. w. gar nicht die Rede wäre. 
Denn unmittelbar in unserer inneren Wahrnehmung gibt es nur einzelne 
Vorstellungen, Gefühle. Triebe u. s. w., und für die Erklärung dieser 
einzelnen Thatsachen ist durch ihre Subsumtion unter gewisse Allgemein¬ 
begriffe schlechterdings nichts geleistet. 
Nachdem man die Unbrauchbarkeit der Vermögensbegriffe gegenwärtig
	        
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