Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Psychologische Vorbegriffe. 
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werden kann, welche sie jedoch unmöglich schon vor dem Eintritt in 
dieselbe ungeprüft annehmen darf. Auch gilt von dieser Annahme nicht, 
was von der Unterscheidung der innern Erfahrung überhaupt gesagt wurde, 
dass sie nämlich nothwendig sei, um die Untersuchung in Fluss zu brin¬ 
gen. Die Symbole, welche die Sprache zur Bezeichnung gewisser Gruppen 
von Erfahrungen geschaffen hat, tragen noch heute die Kennzeichen an 
sich, dass sie ursprünglich nicht bloß im allgemeinen abgesonderte Wesen, 
Substanzen, sondern dass sie selbst persönliche Wesen bedeutet haben. 
Die unvertilgbarste Spur solcher Personification der Substanzen ist in dem 
Genus zurückgeblieben. Der Verstand hat diese phantasievolle Beziehung 
der Begriffssymbole allmählich abgeschliffen. Theils hat die Personification 
der Substanzen, theils sogar die Substantialisirung der Begriffe ein Ende 
genommen. Aber wer wollte deshalb auf den Gebrauch der Begriffe sel¬ 
ber und auf ihre Bezeichnung Verzicht leisten? Wir reden von Ehre, 
Tugend, Vernunft, ohne irgend einen dieser Begriffe in eine Substanz 
übersetzt zu denken. Aus metaphysischen Substanzen sind sie zu logi¬ 
schen Subjecten geworden. So betrachten wir denn auch die Seele vor¬ 
läufig lediglich als logisches Subject der innern Erfahrung, eine Auf¬ 
fassung, die das unmittelbare Resultat der von der Sprache geübten 
Begriffsbildung ist, gereinigt jedoch von jenen Zusätzen einer unreifen 
Metaphysik, welche überall das natürliche Bewusstsein in die von ihm 
geschaffenen Begriffe hineinträgt. 
Ein ähnliches Verfahren wird in Bezug auf diejenigen Begriffe befolgt 
werden müssen, die wir theils für besondere Beziehungen der inneren 
Erfahrung, theils für einzelne Gebiete derselben vorfinden. So stellt die 
Sprache zunächst der Seele den Geist gegenüber. Beide sind Wechsel¬ 
begriffe für eins und dasselbe, denen im Gebiet der äußeren Erfahrung 
Leib und Körper entsprechen. Körper ist jeder Gegenstand der äußeren 
Erfahrung, wie er sich unmittelbar unsern Sinnen darbietet, ohne Be¬ 
ziehung auf ein demselben zukommendes inneres Sein; Leib ist der Kör¬ 
per, wenn er mit eben dieser Beziehung gedacht wird. Aehnlich heißt 
Geist das innere Sein, wenn dabei keinerlei Zusammenhang mit einem 
äußeren Sein in Rücksicht fällt, wogegen bei der Seele, namentlich wenn 
sie dem Geiste gegenübergeslellt wird, gerade die Verbindung mit einer 
leiblichen, der äußeren Erfahrung gegebenen Existenz vorausgesetzt ist. 
Während Seele und Geist das Ganze der inneren Erfahrung umfassen, 
wobei nur die Beziehung, in der diese genommen wird, eine verschiedene 
ist, werden durch die sogenannten Se eie n verm ögen die einzelnen Ge¬ 
biete derselben bezeichnet, wie sie in der Selbstbeobachtung unmittelbar 
von einander sich abgrenzen. In den Begriffen Sinnlichkeit, Gefühl, Ver¬ 
stand, Vernunft u. s. w. trägt uns also die Sprache eine Classification der
	        
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