Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Reflexfunctionen. 
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Wir werden hier diejenigen Gebilde übergehen können, die, wie die 
Brücke, der Hirnschenkel, der Stabkranz, wesentlich nur der Leitung der 
Innervationsvorgänge bestimmt sind und darum schon im vorigen Capitel 
ihre Erledigung gefunden haben. 
Die Methoden, welche bei der functioneilen Prüfung der Centralorgane 
zur Anwendung kommen, fallen imj allgemeinen mit den in der vorigen 
Untersuchung befolgten zusammen. Der physiologische Versuch und die 
pathologische Beobachtung sind gleichzeitig zu Rathe zu ziehen, und bei 
beiden kann es wieder um Reizungs- oder um Ausfallssymptome sich 
handeln. Nur bringen es die näheren Bedingungen der Erscheinungen 
mit sich, dass bei dem allgemeinen Studium der Reflexe und der auto¬ 
matischen Erregungen vorzugsweise Reizversuche benutzt werden, während 
die functioneile Analyse der einzelnen Hirntheile fast allein auf die Aus- 
fallssymptome sich stützen muss, die der partiellen oder vollständigen 
Beseitigung der Organe nachfolgen. Hierbei bestehen die Ausfallssymptome 
in den schon im vorigen Capitel (S. 97) hervorgehobenen Erscheinungen 
der Anästhesie und Hemianästhesie, der Paralyse, Parese 
und ihrer halbseitigen Formen oder endlich in ataktischen Störungen. 
I. Refl exfunctionen. 
Die einfachste Form centraler Function ist die Reflexbewegung, 
denn sie ist der einfachen Leitung der Reizungsvorgänge noch am meisten 
verwandt. Insofern er eine besondere Form der Leitung ist, haben wil¬ 
den Reflexvorgang im vorigen Capitel besprochen. Aber schon bei ihm 
kommt der Einfluss der centralen Substanz in mehrfacher Weise zur Gel¬ 
tung. Zunächst werden die Reflexe nicht wie die Reizungsvorgänge in 
den Nervenfasern nach beiden Seiten, sondern nur in der einen Richtung 
von der sensorischen nach der motorischen Bahn hin geleitet1). Sodann 
1) Zuweilen hat man zwar auch einen üebergang der Erregungen von der moto¬ 
rischen auf die sensorische Nervenbahn, eine sogenannte Reflexempfindung, an¬ 
genommen. Aber die hierher gezählten Erscheinungen gehören zum Theil, wie das 
Gefühl der Anstrengung bei der Muskelbewegung, in ein ganz anderes Gebiet, zum 
Theil sind sie überhaupt zweifelhafter Natur. Vgl. Volkmann, Nervenphysiologie in 
Wagner's Handwörterbuch der Physiol. II, S. 530. Angemessener würde wohl der Aus¬ 
druck »Reflexempfindungen« auf diejenigen Empfindungen anzuwenden sein, die durch 
Reizung einer sensibeln Hautstelle an einer andern sensibeln Hautstelle entstehen. 
Solche Mitempfindungen zeigen, wie Kowalewsky beobachtete, bestimmte regel¬ 
mäßige Beziehungen zwischen dem Ort der primären Reizung und dem Ort der Se- 
cundärempfindung. Beide Orte gehören stets der gleichen Körperseite an, und die 
Mitempfmdung ist außerdem durch ihre Schmerzqualität sowie durch ihr rasches 
Entstehen und Verschwinden ausgezeichnet. (Aus dem Russ. in Hofmann und Schwalbe, 
Jahresber. f. Physiol. 1884, S. 26.) Als reflectorische Veränderungen der 
Empfindlichkeit können vielleicht die von Burq, Charcot, Régnard u. A. beobach¬ 
teten Erscheinungen des sogenannten »Transfert« betrachtet werden. Sie bestehen darin, 
dass bei Hysterischen mit halbseitiger Anästhesie die Application von Metallstücken,
	        
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