Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

Aufgabe der physiologischen Psychologie. 
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lasst daher unsere Wissenschaft als experimentelle Psychologie von 
der gewöhnlichen, bloß auf Selbstbeobachtung gegründeten Seelenlehre 
sich unterscheiden. 
Es gibt zwei Haupterscheinungen, welche jene Grenzscheide, wo die 
äußere nicht mehr ohne die innere Beobachtung ausreicht, und wo diese 
auf die Hülfe jener sich angewiesen sieht, deutlich bezeichnen: die Em¬ 
pfindung, eine psychologische Thatsache, welche unmittelbar von ge¬ 
wissen äußeren Grundbedingungen abhängt, und die Bewegung aus 
innerem Antrieb, ein physiologischer Vorgang, dessen Ursachen sich im 
allgemeinen nur in 
der Selbstbeobachtung 
zu 
erkennen geben. In der 
Empfindung schauen wir die Scheidewand zwischen beiden Gebieten gleich¬ 
sam von innen, von der psychologischen Seite, in der Bewegung von außen, 
von der physiologischen Seite an. 
Die Empfindung ist nach Intensität und Qualität zunächst durch 
ihre äußeren Ursachen, die physiologischen Sinnesreize, bestimmt. Ihre 
weiteren Umgestaltungen erfährt sie aber unter dem Einfluss der in der 
inneren Beobachtung gegebenen Vorbedingungen. Diese sind es, durch 
welche aus Empfindungen Vorstellungen der Außendinge entstehen, durch 
welche sich die Vorstellungen zu Reihen und Gruppen ordnen, um dem 
Bewusstsein kürzere oder längere Zeit verfügbar zu bleiben, und durch 
welche Gemüthsbewegungen mannigfacher Art mit den Vorstellungen und 
ihrem Verlauf sich verbinden. Dennoch machen sich auch hier äußere 
Einflüsse fortwährend geltend : der Wechsel und die Verbindung der Vor¬ 
stellungen werden zum Theil bedingt durch den Wechsel und die Ver¬ 
bindung der Eindrücke, der Aufbau zusammengesetzter Vorstellungen aus 
einfachen ist gebunden an die physiologischen Eigenschaften unserer Sinnes¬ 
und Bewegungswerkzeuge, und endlich ist sogar der innerliche Verlauf 
der Gedanken begleitet von bestimmten Zuständen und Vorgängen in den 
Centralorganen des Nervensystems. So erstrecken sich von der psycho¬ 
physischen Peripherie her Ausläufer bis tief in die Mitte des Seelenlebens. 
Auf der andern Seite reflectircn sich die inneren Vorgänge in äußeren 
Bewegungen. Durch die letzteren kehrt der Kreis der Processe, welche 
zwischen äußerem und innerem Sein hin- und herschweben, wieder zu 
seinem Ausgangspunkte zurück. Bei den einfachsten dieser Bewegungen 
fehlt das psychologische Zwischenglied, oder entgeht wenigstens unserer 
Selbstbeobachtung: die Bewegung erscheint hier als unmittelbarer Reflex 
des Reizes. In dem Maße aber als psychologische Vorgänge zwischen den 
Eindruck und die von ihm ausgelöste Bewegung treten, wird die letztere 
nach räumlicher Ausbreitung und zeitlichem Geschehen unabhängiger von 
jenem und bedarf nun mehr und mehr zu ihrer Erklärung derjenigen 
Momente, welche die innere Beobachtung darbietet, bis endlich nur noch
	        
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