Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (1)

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Verlauf der nervösen Leitungsbahnen. 
Bahn scheint zunächst im vorderen Theil der Brücke in grauen Massen 
zu endigen, aus welchen neue vertical aufsteigende Fasern hervorkommen, 
die theils in die vorderen Hirnganglien, die Linsenkerne und Streifen¬ 
hügel, theils direct zu den vorderen Theilen der Großhirnrinde verfolgt 
werden können. Die in den oberen Kleinhirnstielen oder Bincle- 
armen gesammelten Fasern finden in dem rothen Kern der Haube (h b 
Fig. 37 S. 70) ihr nächstes Ende. Von hier aus tritt wahrscheinlich ein 
kleiner Theil der Fasern in den Sehhügel ein, während der größere in 
die innere Kapsel des Linsenkerns übergeht und von da im Stabkranz 
zur Großhirnrinde gelangt, um in den hinter der Centralwindung gelege- 
nen Theilen derselben, namentlich im so genannten Vorzwickel, zu enden1). 
Das den Bindearmen im Anfang ihres Verlaufs sich anschließende obere 
Mark segel (v m Fig. 29 S. 59} ergänzt wahrscheinlich die Verbindungen 
des Kleinhirns mit den Hirnganglien, indem es eine Leitung zu den Vier¬ 
hügeln herstellt2!. 
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Aach diesen Resultaten der anatomischen Untersuchung, welcher die 
physiologischen Untersuchungsmethoden bis jetzt leider noch nicht zu Hülfe 
kommen, findet sich in dem Kleinhirn ein sehr verwickelter Zusammenfluss 
von Leitungsbahnen. Fassen wir die letzteren als eine Zweigleitung auf, die 
in die directe, unmittelbar durch medulla oblongata und Pons vermittelte 
Leitung zwischen Rückenmark und Gehirn eingeschaltet ist, so führt der 
untere Zweig dieser Seitenbahn theils sensorische Fasern aus dem 
Hinter- und Seitenstrang (Oliven-Hinterstrangbahn und Kleinhirn-Seiten- 
strangbahn), die das Rückenmark mit dem Cerebellum verbinden3), theils 
motorische Bündel, die innerhalb der Brücke in die strickförmigen 
Körper sich abzweigen. Der obere Zweig scheint, vermöge der über¬ 
wiegenden Masse der Brückenarme, hauptsächlich theils direct mit der 
Großhirnrinde, theils mit den vorderen Hirnganglien (Linsenkern 
und Streifenhügel) in Verbindung zu stehen. Daneben vollzieht sich aber 
durch die Bindearme und das obere Marksegel eine Verbindung mit den 
hinteren Hirnganglien (Thalamus und Vierhügel'. Außerdem führen 
die Brückenarme directe Leitungen zur Großhirnrinde, welche nament¬ 
lich dem Frontal-, Temporal- und Occipitalhirn zufließen. Nach allem 
1) Forel, Archiv f. Psychiatrie. VII, S. 425. Exstirpation einer Kleinhirnhälfte 
beim neugeborenen Kaninchen hat, wie von Gudden beobachtete, Schwund des corp. 
restiforme und der Kleinhirnseitenstrangbahn der gleichen und totale Atrophie der 
Olive auf der entgegengesetzten Seite zur Folge. [Ebenso atrophirt der Bindearm, 
wogegen weder in den Brückenarmen noch im Großhirn Veränderungen eintreten. 
Vortrag auf der Naturforscherversamml. zu Salzburg. Neurol. Centralbl. 1882. 
2) Demnach führen die Bin de arme den ihnen noch häufig beigelegten Namen 
»processus ad corpp. quadrigemina« mit Unrecht. 
3) Dass die Verbindung der Oliven mit den Hirnstrangen bestritten wird, ist übri¬ 
gens oben (S. 120) bemerkt worden.
	        
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