Volltext: Adam Smith‘s Moralphilosophie (6)

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Zeit seines Lebens entstammenden Schilderungen, welche theilweise 
einen zwar durch das Alter etwas wehmüthig gefärbten, im ganzen 
aber den Geist des Erstlingswerkes treu reflectirenden Charakter 
tragen, combinirt er Plato’s Gerechtigkeit, Epikur’s Klugheit 
und Hutcheson’s Wohlwollen zu einem ansprechenden System 
praktischer Tugendlehre, aus dem indessen für den theoretisch¬ 
wissenschaftlichen Kernpunkt seiner Lehre nichts Neues zu ent¬ 
nehmen ist. 
III. Schlussbetrachtung. 
Prüfen wir zum Schluss noch einmal Smith’s Theorie auf 
ihren Grundcharakter hin, so erweist sie sich als eine Gefühls¬ 
moral consequentester und doch zwanglosester Art. Die im Ver¬ 
laufe der Darstellung nachgewiesenen Inconsequenzen ändern an 
diesem Urtheil nichts, da sie nirgends den inneren Gang der 
logischen Entwickelung stören und als äußere Anhängsel leicht 
entfernt werden können. 
Vergegenwärtigen wir uns diesen Entwicklungsgang noch ein¬ 
mal in aller Kürze: 
Eine jede sittliche Billigung oder Missbilligung wird zurück¬ 
geführt auf die Größe der Differenz, welche sich zwischen einem 
Affect und seiner Aeusserung einerseits und dem sympathetischen 
Affect des unparteiischen Zuschauers andrerseits befindet. 
Die Gerechtigkeit macht davon keine Ausnahme; der Affect, 
der hier zur allgemeinen Billigung gelangt, ist der Zorn. 
Die Enstehung sittlicher Normen wird aus einzelnen, auf jene 
Weise zur Billigung gelangten Thatsachen rein empirisch abgeleitet 
und die verpflichtende Kraft auf die ursprüngliche Begierde nach 
Billigung zurückgeführt, einen Trieb, den Smith vielleicht für den 
stärksten von allen (psychischen) Strebungen erklärt, der indessen 
im reifen Bewusstsein zu einer solchen Läuterung gediehen sein 
muss, dass er unter Umständen auf den Beifall der wirklichen Welt 
zu verzichten und nur aus Rücksicht auf das Urtheil einer idealen, 
durch den inneren Zuschauer repräsentirten Welt zu handeln 
fähig ist. 
Den Nützlichkeitserwägungen sowie den Einflüssen von Mode 
und Gewohnheit wird ihre hervorragende Bedeutung gesichert, ihre
	        
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