Volltext: Adam Smith‘s Moralphilosophie (6)

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Johannes Schubert. 
aber zweierlei Schlüsse ziehen: Entweder die Sympathie (im 
Smith’sehen Sinnei) ist überhaupt gar kein selbständiger Trieb, 
der etwa, physiologisch gesprochen, auf ein eigenes Nervencentrum 
Anspruch machen darf; sie ist weiter nichts als eine im Gehirn 
des Zuschauers sich vollziehende Modification desjenigen Affects, 
der sich mit ursprünglicher Kraft in der Seele des unmittelbar 
Betroffenen abspielt, ihre Curve würde, graphisch dargestellt, eine 
etwas andere sein, als diejenige des Originalaffects und in der 
Gleichung dieser Curve würden einige Factoren aus der Gleichung 
der Originalcurve fehlen; oder sie ist ein völlig selbständiger 
Trieb, der sich in jedem einzelnen Falle mit jenem modificirten 
Affect verbindet; dann ist aber ein Gefühlscomplex vorhanden, bei 
dem es sich fragt, welcher von beiden Theilen als der primäre, die 
Auslösung des anderen bewirkende Factor angesehen werden muss. 
Indessen darf man sich nicht allzuweit in diese Fragen ein¬ 
lassen; es soll dadurch nur gezeigt werden, wie ein Begriff, der 
Jedermann durch Selbsterfahrung unmittelbar klar zu sein scheint, 
nun seiner scharfen Definition die größten Schwierigkeiten entgegen¬ 
stellt. Nur der völlige Verzicht auf die letztere macht es erklärlich, 
dass eine sogenannte »Vernunftmoral« so erstaunlich lange Geltung 
behalten konnte. Und allerdings kann man mit dem Begriff der Ver¬ 
nunft alles mögliche anfangen, wenn man ihn als eine gegebene 
Größe ansiel}t. Da sind doch den Intuitionisten und Kant gegen¬ 
über die Theorien von Hobbes und seiner Schule von größerem 
wissenschaftlichen Werthe; ihre Systeme gehören ja auch zur Ver¬ 
nunftmoral, aber ihnen entsteht Sittlichkeit aus einem mehr oder 
weniger complicirten logischen Schlussverfahren mit dem endgültigen 
Ziel der Befriedigung selbstsüchtiger Zwecke; darunter kann ich 
mir immerhin etwas vorstellen, auch wenn ich mich nicht zu dieser 
Ansicht bekenne; unter Kant’s »praktischer Vernunft« aber nicht 
das mindeste. 
Zu Adam Smith’s Theorie zurückkehrend, bleibt uns noch 
die Erwähnung des im Jahre 1790 hinzugefügten Abschnittes 
»Ueber den Charakter der Tugend« übrig. Darin gibt er als Er¬ 
gänzung zu dem vor allem die Frage nach dem Billigungsprincip 
behandelnden Hauptwerke eine Beschreibung und Würdigung der 
einzelnen sittlichen Erscheinungen selber. In diesen der letzten
	        
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